Wenn Urlauber selbst schuld sind

Ausgerutscht, Flug verpasst: Wer auf einer Pauschalreise gedanken- oder rücksichtslos handelt, der bleibt im Streitfall auf den Kosten sitzen.
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Wer dem Ferienflieger hinterher schauen muss, trägt oft selbst die Schuld dafür. Foto: Friedrich Hillenbrand
srt Wer dem Ferienflieger hinterher schauen muss, trägt oft selbst die Schuld dafür. Foto: Friedrich Hillenbrand

Ausgerutscht, Flug verpasst: Wer auf einer Pauschalreise gedanken- oder rücksichtslos handelt, der bleibt im Streitfall auf den Kosten sitzen.

Wer eine Pauschalreise bucht, erwartet zu Recht eine Art Rundum-Betreuung durch den Reiseveranstalter. Doch Urlauber müssen auch mithelfen, damit die Ferien gelingen. Wer gedankenlos, leichtsinnig oder gar rücksichtslos handelt, der ist selber schuld und bleibt auf Kosten sitzen.

Vor der Reise

Der Reiseveranstalter muss zwar über notwendige Reisedokumente informieren. Doch die Beschaffung ist Sache des Urlaubers. Wer mit abgelaufenem Ausweis, fehlendem Visum oder ohne vorgeschriebene Impfung am Check-in-Schalter erscheint, der kann zurückgewiesen werden. Ebenso übrigens, wer alkoholisiert, mit ansteckender Krankheit oder penetrantem Schweißgeruch an Bord eines Flugzeuges möchte. Urlauber müssen auch ihre Reiseunterlagen rechtzeitig vor Ferienstart prüfen und Unklarheiten durch Rückfragen klären.

Im Zweifelsfall gilt, was in der Reisebestätigung schriftlich zugesichert wird und nicht, was ein Reisebüromitarbeiter erklärt hat (AG Frankfurt am Main, Az.: 212 C 1623/09). Eine Pflicht zur Rückbestätigung von Flugzeiten besteht hingegen nicht. Allerdings: Wird ein Flug Monate im Voraus gebucht, so sollte der Reisende vor Abflug nochmals prüfen, ob Flugzeiten geändert wurden. Tut er's nicht und verpasst die Maschine, so trifft ihn ein Mitverschulden (AG Hamburg-Altona, Az.: 316 C 151/09). Das gleiche gilt, wenn er – ohne nachzufragen – auf fehlende Reiseunterlagen zu lange wartet und deswegen den Start in den Urlaub verpasst (AG Aschaffenburg, Az.: 112 C 2695/09).

Schließlich: Vor allem bei körperlich anspruchsvollen Trips – wie pauschal gebuchten Trekkingreisen – heißt es ehrlich sein und die eigene Fitness korrekt angeben. Denn wer etwa eine Bergtour bucht und sich vor Ort als unfit erweist, den darf der Reiseleiter vom Abenteuer ausschließen, und der Betroffene hat für Extrakosten selbst aufzukommen (so etwa LG Kempten, Az.: 53 S 244/09).

Auch Pünktlichkeit bei der Abreise ist wichtig, vor allem beim Einchecken am Airport. Deshalb muss der Reisende auch bei der Anfahrt zum Flughafen „vorhersehbare und einzukalkulierende Risiken im täglichen Straßenverkehr“ berücksichtigen. Als ein Urlauber bei der Anfahrt mit dem Auto schuldlos in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde – und deshalb die Maschine verpasste -, konnte er auch vom Unfallgegner deswegen keinen Schadensersatz fordern (AG Menden; Az.: 4 C 53/05).

Während der Reise

Der Pauschalurlauber hat hier so genannte "Treuepflichten", soll heißen: Er darf die Urlaubsfreude anderer Hotel- oder Badegäste nicht durch Lärm, Randale oder Beleidigungen stören. Tut er's doch, kann ihn der Veranstalter abmahnen und – wenn dies nichts nutzt - sogar den Reisevertrag kündigen. Klagen andere Urlauber wegen der Störungen, muss der Störenfried auch dafür haften. Doch haben Gerichte immer wieder entschieden: Im "Zeitalter des Massentourismus" muss der Urlauber auch einiges klaglos als reine "Unannehmlichkeit" hinnehmen - zum Beispiel rülpsende Tischnachbarn im Speisesaal ((AG Hamburg, Az.: 9 C 2334/94).

Ein Dauerbrenner: Reisende versuchen, eigenen Leichtsinn oder schlicht persönliches Pech dem Reiseveranstalter anzulasten. Beliebt ist hier das Ausrutschen auf nassen Fliesen am Hotelpool, Stürze im Reisebus (weil Urlauber sich nicht festhielten oder aufstanden), Kopfsprung in zu niedriges Wasser, Diebstahl von Wertsachen, die unzureichend gesichert waren. Hier sehen Juristen immer ein Mitverschulden oder gar die Alleinschuld des Reisenden, sprechen gerne von der "Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos".

Ähnliches gilt, wenn Urlauber fehlende Dinge beklagen, die ihnen vom Veranstalter aber gar nicht zugesichert wurden, sprich: Sie haben bei der Buchung nicht richtig aufgepasst, den Urlaubsprospekt nur oberflächlich studiert. War darin zum Beispiel nur von einem "weiten Strand" die Rede, so darf niemand meckern, wenn er am Ziel keinen Sand-, sondern einen Kiesstrand vorfindet. Und als ein Raucher klagte, weil er in seinem spanischen Hotel nicht rauchen durfte, beschieden ihm die Richter: Da das „Vorhandensein von Raucherzimmern und/oder –zonen“ nicht vereinbart war, durfte dies der Gast auch nicht erwarten (AG Duisburg, Az.: 51 C 3840/08).

Nach der Reise

Hier geht's vor allem um Formalitäten und Fristen, denn: Einen möglichen Reisemangel nur während des Urlaubs beim Reiseleiter "anzuzeigen", das reicht nicht aus, um später deswegen eine Minderung des Reisepreises durchzusetzen. Dafür, so will es das Gesetz, muss der Urlauber seine Ansprüche zusätzlich auch beim Veranstalter geltend machen, und zwar innerhalb eines Monats "nach vertraglichem Reisende". Was immer wieder passiert: Frustrierte Heimkehrer zögern zu lange und melden ihre Ansprüche zu spät an. Hier sind sich Richter dann einig: Ganz egal, ob es tatsächlich einen Reisemangel gab oder nicht – nach Ablauf der Frist ist der Anspruch perdu.

Elias Elo

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