Staunen über die Wunder der Erde
Sie lassen einen ganz klein werden: donnernde Wasserfälle, gewaltige Schluchten, weite Savannen. Naturwunder wie die Niagara-Fälle und der Aletschgletscher, die Masai Mara und der Grand Canyon faszinieren die Menschen seit jeher.
Ob abends oder morgens - bei den Niagarafällen an der Grenze zwischen den USA und Kanada tost und spritzt, rauscht und dampft es. Triefend nass sind die Passagiere der "Maid of the mist". Das Boot schaukelt seine in blaue Regencapes gehüllten Gäste dorthin, wo die Wassermassen unaufhörlich in die Tiefe donnern. Nach den Viktoriafällen in Südafrika sind sie die zweitgrößten Wasserfälle der Welt. Millionen von Besuchern bewundern jedes Jahr dieses Naturschauspiel - zu Fuß vom Aussichtspunkt Clifton Hill auf der kanadischen Seite, bei einem Spaziergang in die USA über die Regenbogenbrücke, trockenen Fußes vom Drehrestaurant des Skylon Towers aus oder rasant während einer Fahrt mit dem "Jet Boat". Muße wird sich wegen der unzähligen Schaulustigen ohnehin keine einstellen, warum also nicht gleich mitten hinein ins Getümmel? Die "Maid of the mist" fährt ganz nahe heran an die Horseshoe Falls auf der kanadischen Seite, wo die Wassermassen auf einer Breite von 790 Metern hufeisenförmig in die Tiefe stürzen.
Grand Canyon per Maultier
Auf ganz traditionelle Weise erschließen sich Besucher den Grand Canyon im US-Bundesstaat Arizona, wenn sie ihn auf dem Rücken eines Maultiers erkunden. Touren finden zwischen Mai und Oktober statt. Einen halben oder auch zwei ganze Tage lang geht es in das Innere des Canyons. Gemächlich trotten die Tiere hintereinander durch Wälder und Schluchten. Bis zu 1600 Meter tief ist der Grand Canyon und 16 Kilometer breit. In Millionen von Jahren hat sich der Colorado River durch Granit, Kalk, Schiefer und Sandstein gegraben. Je nach Sonneneinstrahlung schimmern die Felsen rot, gelb, braun, grün oder schwarz. Manchmal taucht unverhofft ein Maultierhirsch oder ein Waschbär auf. Vogelliebhaber erspähen Kolibris, Zaunkönige und Buntfalken. Die Touren starten sowohl vom Nordrim, der Nordkante des Canyons, als auch vom Südrim. Der Mather Point dort ist auch einer der besten Plätze, um den Sonnenaufgang zu erleben.
Aletschgletscher zu Fuß
Die Reize des Aletschgletschers lernen Naturliebhaber wandernd am eindrucksvollsten kennen. Langsam geht es hinauf ins ewige Eis, bei jedem Schritt knirscht es unter der Sohle. Sogar im Hochsommer tragen die Wanderer Mützen, Jacken und Handschuhe. Der Aletsch ist mit 23 Kilometer Länge der größte Gletscher der Alpen. Die Unesco hat ihn 2001 in die Liste der Weltnaturerbestätten aufgenommen. Bergführer Martin Nellen führt seine Gruppe zum Konkordiaplatz. "Dort hat man die beste Sicht", sagt er. Da vereinigen sich die Gletscher vom Aletschfirn, dem Jungfraufirn, dem Ewigschneefeld und dem Grüneggfirn zum Aletschgletscher. 900 Meter dick ist das Eis am Konkordiaplatz. Zwei Tage ist die Gruppe unterwegs, sieben bis acht Stunden täglich wird gewandert. Am zweiten Tag überquert sie den Konkordiaplatz. Über den Langgletscher geht es schließlich hinunter ins Lötschental, wo Alpenrosen blühen und saftige Heidelbeeren wachsen.
Great Barrier Reef vom Wasser aus
Auf ganz andere Weise fasziniert das Wasser am Great Barrier Reef vor der australischen Ostküste. Nahezu schwerelos entdecken Taucher und Schnorchler dort weiß gestreifte Clownfische, blau leuchtende Papageienfische, Riesenmuscheln, Seesterne. Das Wasser ist so klar, dass die Sicht an manchen Stellen bis zu 60 Meter tief reicht. Über 350 Korallenarten wachsen wie Geweihe, Trichter und Bäume auf dem Meeresgestein unter Wasser. Tipp: Besonders farbenprächtig ist das Spektakel im November zur Zeit der Korallenblüte. Das Great Barrier Reef ist mit 345000 Quadratkilometern das größte Riff der Erde. Zum Vergleich: Deutschland hat eine Größe von 357000 Quadratkilometern. Das Riff ist über zehntausend Jahre alt und besteht aus über 2900 Einzelriffen und 71 Koralleninseln. Am intensivsten erlebt man es mittendrin, etwa auf Reefworld, einer schwimmenden Plattform, auf der bis zu sechs Personen die Nacht verbringen und am nächsten Morgen inmitten der bunten Fischwelt aufwachen können.
Masai Mara auf der Pirsch
Auch die Savanne erwacht bei Sonnenaufgang. Auf leisen Ledersohlen pirscht der Massai voran. Er zeigt auf ein badendes Nilpferd. Er ist Bewohner des Massai Mara National Reserve, dem berühmtesten Nationalreservat Kenias. Sechs Autostunden von Nairobi entfernt leben auf einer Fläche von 1500 Quadratkilometern schätzungsweise 1,4 Millionen Gnus, über eine halbe Millionen Gazellen, 200000 Zebras, dazu Nashörner, Elefanten, Büffel, Giraffen, Leoparden und Geparden, Hyänen und Schakale. Unter den fast 500 Vogelarten finden sich 16 Adler- und sechs Geierarten. Die "Mara", wie sie genannt wird, liegt auf einer Höhe von 1650 Metern. Der Massai bückt sich und zeigt auf eine Fährte: Zebras haben ihre Spuren auf dem trockenen Boden hinterlassen. Durch den Feldstecher sehen die Wanderer sie dann, die Herde, die sich um ein Wasserloch drängt. Und das ist wie ein kleines Wunder im großen.
Monika Reisner
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