Salzburg nicht für Jedermann
Lust auf moderne Kunst und Architektur? In der Mozartstadt gibt es reichlich davon. Sechs Tipps.
Wer Salzburg hört, der denkt zuerst an Opernfestspiele, Mozart und Mozartkugeln. Aber moderne Architektur und Kunst? Es gibt sie. Und wer genau hinschaut, wird sie in der ganzen Stadt entdecken. Die spektakuläre Glaswabe des Hangar 7 am Flughafen, Designer-Museen und die goldglänzende "Sphaera" auf dem Kapitelplatz sind spannende Aspekte für eine Städtereise der anderen Art.
1. Mozartplatz: Salzburg Museum
"Konrad?!" Erschrocken schaut sich die junge Mutter im Salzburg Museum um. Gerade noch stand ihr Junge ein paar Schritte neben ihr im Biedermeierzimmer und plötzlich scheint er vom Erdboden verschluckt. "So etwas kommt vor, gnädige Frau", bemüht sich der freundliche Herr vom Personal zu beruhigen und deutet schmunzelnd auf eine kleine, unscheinbare Lücke in der Wand. In der Tat, hier taucht Konrad nach einer Weile wieder auf und erzählt aufgeregt vom verborgenen Zimmer hinter der Wand. Der Durchschlupf ist nur einer von mehreren raffinierten Spezialeffekten, mit denen Direktor Erich Marx seinen jungen Gästen einen Museumsbesuch zum puren Vergnügen werden lässt. Mit demselben Enthusiasmus konzipierte er Details, die das mit dem "European Museum of the Year Award" 2009 ausgezeichnete Landesmuseum im manieristisch-frühbarocken Palais am Mozartplatz zu einem der modernsten Museen Europas machen. Nach der Devise "gibt's nicht, gibt's nicht" konzipierte Marx neue Gebäudeelemente aus Glas und Metall und setzte bei der Präsentation auf pfiffige Details. In Szene gesetzt wird alles mit den weltweit ersten LED-Museumsscheinwerfern. Sie machen nicht nur schönes Licht, sondern schonen gleichzeitig empfindliche Exponate.
Salzburg Museum, Neue Residenz, Mozartplatz 1, Telefon 0043/662/620808700, jeden Donnerstag um 18.30 Uhr Gratisführungen; bis 26.Oktober Sonderausstellung "Das große Welttheater - 90 Jahre Salzburger Festspiele"
2. Mönchsberg: Museum der Moderne
Die perfekte Präsentation war auch den Münchner Architekten Friedrich, Hoff und Zwink ein Anliegen, als sie das altmodisch-eigenwillige Casinogebäude auf dem Mönchsberg durch einen ebenso schlichten wie prägnanten weißen Steinquader ersetzten. Allein wegen des Ausblicks über die Dächer der Stadt lohnt sich der Weg hinauf - die bequeme Alternative ist der Mönchsbergaufzug in der Gstettengasse. Und auch in dem 2005 eröffneten Museum sind es längst nicht nur die Exponate von durchschnittlich 30 Ausstellungen im Jahr, die den Blick des Betrachters auf sich ziehen. "Wer hier hereinkommt, nimmt den Weg des Lichts" erklärt Kuratorin Margit Zuckriegl bei einem Rundgang durch das lange umstrittene Haus, das viele Salzburger bis heute abschätzig "den Kasten" nennen. Mit Informationsveranstaltungen versuchen die Museumsmacher die skeptischen Salzburger für das moderne Gebäude einzunehmen. Das internationale Publikum ist längst begeistert. Sowohl vom optischen Kontrapunkt im traditionellen Stadtbild, als auch von der Art, wie hier Kunst präsentiert wird. Margit Zuckriegl spricht von diskreten Räumen ohne Türen, die wie kommunizierende Gefäße ineinander übergehen. Nichts lenkt hier von den perfekt in Szene gesetzten Exponaten ab.
Museum der Moderne, Mönchsberg 32, Telefon 0043/662/842220-403, www.mdmsalzburg.at; aktuelle Ausstellungen: "Albtraum und Befreiung" - Max Ernst in der Sammlung Würth bis 3.10.10, Videorama - Kunstclips aus Österreich bis 10. Oktober 2010, Erwin Wurm - Selbstporträt als Essiggurkerl bis 10.10.10 und Press Art - Die Sammlung Nobel bis 24. Oktober 2010
3. Mönchsberg: Restaurant M32
Was für ein Kontrast ist das ins Museum integrierte Restaurant m32. Der Bozener Stararchitekt Matteo Thun, der einst an der Salzburger Sommerakademie bei Oskar Kokoschka studierte und dabei auch den Alltag der Stadt intensiv erlebte, kreierte einen opulenten Raum voll diskreter Anspielungen auf Tradition und Wesen der Salzachmetropole.
Restaurant M32, Mönchsberg 32, Reservierungen telefonisch unter Telefon 0043/662/841000, m32.at
4. Kapitelplatz: Sphaera
Moderne Kunst gibt es auf dem Mönchsberg jedoch nicht nur im Museum. Flankiert wird dieses von zwei Installationen, die ebenfalls Ausdruck des neuen, innovativen Salzburg sind. Der elyptische, aus Stein geformte Zylinder "Sky-Space" des Amerikaners James Turrell sowie die etwas versteckt präsentierten "Ziffern im Wald" von Mario Merz aus Mailand sind zwei Objekte, mit denen die Salzburg Foundation seit 2002 optische Ausrufezeichen in die Stadt setzt. "Jedes Jahr bitten wir einen Künstler, im öffentlichen Raum ein Projekt zu realisieren", erklärt Kurator Walter Smerling und davon, wie umstritten das Engagement der privaten Initiative zunächst war. Inzwischen hat sich die Stimmung gewandelt und Objekte wie Stephan Balkenhols "Sphaera", bei der ein Mann auf einer überdimensionalen goldenen Kugel einen wahrlich glänzenden Kontrapunkt zu Würstlbuden und Schachspielern auf dem Kapitelplatz setzt, sind längst Teil des Stadtbildes geworden. "2011 wird das Projekt abgeschlossen sein, und die Stadt kann entscheiden, ob sie die Exponate als Schenkung übernehmen möchte", so Smerling. Die Namen ihrer Schöpfer lesen sich wie das Who-is-Who der internationalen Kunstszene: Anselm Kiefer (2002), Mario Merz (2003), Marina Abramovic (2004), Markus Lüpertz (2005), James Turrell (2006), Stephan Balkenhol (2007), Anthony Cragg (2008), Christian Boltanski (2009) und Bernar Venet (2010) schufen Skulpturen und begehbare Kunsträume.
5. Staatsbrücke: "Spirit of Mozart"
Die Performance-Künstlerin Marina Abramovic setzte neben die Staatsbrücke eine Reihe von Stühlen, auf der jeder einzelne dem "Spirit of Mozart" nachspüren kann. Nur ein paar Schritte sind es von hier zum Mirabellgarten. Sofort fesselt ein rahmenartiges Gebäude den Blick. Hinter dem kontrastreichen Element über verschnörkelten Buchsrabatten verbirgt sich der Konzertsaal der Musikhochschule Mozarteum. Bizarr wirkt die Silhouette des Pianisten hinter der großen Fensterfront.
Mozarteum, Mirabellplatz 1, Telefon 0043/662/6198-4520, www.moz.ac.at, Konzerttermine und -Karten am Service-Point im Foyer
6. Flughafen: Hangar 7
Irgendwann landet man im modernen Salzburg zwangsläufig im Hangar 7, jener wabenartigen Flugzeughalle, mit der Red-Bull-Macher Dieter Mateschitz nicht nur seiner Sammlung historischer Flugzeuge, sondern auch moderner Kunst und gehobener Gastronomie eine avantgardistische Heimstatt bauen ließ. Und während man sich in der Mayday Bar in die Polster kuschelt und aus doppelwandigen Gläsern köstliches Smart-Food löffelt, ziehen in Gedanken noch einmal all die neuen Facetten der alten Stadt Salzburg vorbei.
Hangar 7, Wilhelm-Spazier-Straße 7a, Telefon 0043/662/219777, www.hangar-7.com; Gastkoch im Gourmetrestaurant Ikarus ist im September Sergio Herman aus den Niederlanden, im Oktober der Finne Hans Välimäki.
Heidi Siefert
Service Salzburg
Tourismus Salzburg, Auerspergerstr. 6, A-5020 Salzburg, Telefon 0043/662/889870, www.salzburg.info
Panorama Tours ist der Spezialist für thematische Stadt-Touren. In Kooperation mit der Initiative Architektur in Salzburg werden verschiedene Programme von 2,5 Stunden in der Altstadt (ab 19 Euro/Pers.) bis zum dreitägigen Arrangement (2 Übernachtungen mit Frühstück, Architekturführung und Panoramastadtrundfahrt ab 99 Euro/Pers.) angeboten (www.panoramatours.com);
Salzburg Foundation, Mozartplatz 4, A-5020 Salzburg, Tel. 0043/662/871687, www.salzburgfoundation.at, Vermittlung von "Walks of modern Arts" möglich