Privatbett statt Parkhotel
Was ist denn da los? In München rangeln zwei Internetanbieter darum, sieben Quadratmeter große Wohncontainer im Reitstadion Riem zur Oktoberfestzeit vermieten zu dürfen. Mit Pertisau am Achensee kann man neuerdings angeblich ein ganzes Dorf via Internet mieten. Und in Deidesheim bucht man neuerdings Privatzimmer beim Winzer und checkt dafür bei einer "Dorfrezeption" ein.
Alle diese neuen Angebote gehen auf denselben Trend zurück: Privatzimmer werden neuerdings professionell wie bislang nur Hotels über Reservierungssysteme angeboten. Möglich macht es natürlich das Internet. Dort bieten inzwischen gleich mehrere Unternehmen Privatleuten an, Teile ihrer Wohnung zur Vermietung an Urlauber freizugeben. Und Reisende können so auf der ganzen Welt günstig Unterkunft finden.
Das Couchsurfing-Prinzip wurde vor zehn Jahren geboren
Der erste, der auf die Idee mit der privaten Wohnungsvermittlung kam, war ein Idealist. Bereits vor zehn Jahren verbreitete der US-Amerikaner Casey Fenton via Internet das Couchsurfing-Prinzip: Lässt Du mich bei Dir kostenlos schlafen, kannst Du das im Gegenzug auch bei mir tun. Heute zählt Couchsurfing rund 2,8 Millionen Mitglieder in über 240 Ländern. Im Jahr 2000 ahmte der Dresdener Veit Kühne die Idee in Sachen Völkerverständigung und Gastfreundschaft mit seinem Hospitality Club nach, von dem sich wiederum 2007 "Be welcome" abspaltete, ebenfalls eine gemeinnützige Organisation.
Der Ablauf ist einfach
Man registriert sich auf der entsprechenden Homepage; seinen künftigen Gast oder Gastgeber lernt man per E-Mail kennen, wobei man durchaus die Möglichkeit hat, auch mal jemanden abzulehnen. Nach der Abreise bewertet man sich gegenseitig - so kann jeder nachvollziehen, ob das meist nur tageweise Zusammenleben geklappt hat. Funktionieren kann das natürlich nur für den, der offen ist für die Eigenheiten anderer Menschen, unkompliziert und bereit, auch mal beim Abwasch zu helfen.
Eine ganze Wohnung zum halben Preis eines Hotelzimmers
Längst geht es bei dem Thema aber nicht mehr nur um Idealismus, sondern auch ums Geschäft. Dafür sorgte zum Beispiel das Portal "9flats" des Hamburgers Internetpioniers Stephan Uhrenbacher (Travelchannel, Qype). Sein Motto: Stop being a tourist - sei in der Welt zuhause. "Für den halben Preis eines Hotelzimmers gibt es jetzt eine ganze Wohnung", bringt er sein Geschäftsmodell auf den Punkt - und so manchen Hotelier ins Schwitzen. Denn bei ihm findet man nicht nur die Klappcouch - unter den bislang 20000 Wohnungen in 50 Ländern gibt es auch Luxusappartements für 1200 Dollar die Nacht. Dabei muss man auch nicht das Bad mit dem Wohnungsbesitzer teilen, denn häufig werden Wohnungen vermietet, die vom Besitzer gerade nicht genutzt werden. Anmelden und Einstellen des Angebots sind kostenfrei. Für die Vermittlung gehen 15 Prozent Provision an 9flats. Der Name des Unternehmens entstand bei der Recherche nach den international beliebtesten Wohnorten, dazu zählten etwa New York, London, Berlin und Mallorca. Im Angebot sind längst auch Metropolen wie Barcelona, Madrid, Rom und Paris. Wer das Besondere sucht, der quartiert sich auf einem Hausboot ein, in einem Loft oder er zieht sich zurück in ein Chalet in den Bergen.
Im Angebot sind Lofts, Schlösser und Strandbungalows
Travel like a local, Reise wie ein Einheimischer, hat sich Wettbewerber Wimdu auf die Fahnen geschrieben. Dahinter stehen die Berliner Samwer-Brüder, die vor einigen Jahren StudiVZ gründeten und später gewinnbringend verkauften. Ihr neues Unternehmen Wimdu funktioniert sehr ähnlich wie 9flats, für Service und Abwicklung verlangt Wimdu zwölf Prozent Gebühren. Ein Zwei-Bett-Apartment im Berliner In-Kiez Prenzlauer Berg ist für 50 Euro zu buchen, ab 115 Euro pro Nacht ist eine Dreizimmerwohnung mit drei Bädern im Herzen Bangkoks im Angebot, und das 27-Zimmer-Schloss in Schottland am Meer kostet ab 8176 Euro pro Nacht.
Mit Unterkünften in 16000 Städten in 186 Ländern wirbt "airbnb", der nach eigenen Angaben "weltweit größte Community-Marktplatz für die Vermietung und Buchung von Privatunterkünften". Airbnb verlangt drei Prozent Service-Gebühr für den Gastgeber pro Buchung. Wer nicht einfach nur ein Hotelzimmer in Paris fürs zehnjährige Liebesjubiläum sucht, der kann auch unter Themenreisen wählen. So warten in Kapstadt, auf Costa Rica und Hawaii Strandbungalows und Häuser (Life's a Beach), unter "Spuren des Weins" findet man vor allem Unterkünfte in Italien, Frankreich und Kalifornien, und bei den "Kuschelreisen" geht es sowohl nach Amsterdam als auch auf die Spuren von Max Frisch nach Montauk/USA, nach Brasilien und Australien. Auch, wenn der Gastgeber in der Regel nicht selbst anwesend ist - die private Atmosphäre und die Liste mit Insider-Tipps machen das mehr als wett.
Internetadressen der Anbieter:
www.couchsurfing.org,
www.hospitalityclub.org,
www.bewelcome.org,
www.9flats.com,
www.wimdu.de,
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