Osterbilby statt Osterhasi
Was haben Norderney und das Weiße Haus in Washington gemeinsam? Fast denselben Osterbrauch. Auf Norderney heißt er „Trüllen“ und ist eine Art Ostereier-Wettrennen: Einfach mit der Hand Rinnen in die Dünen ziehen und die Eier darin herunterkullern lassen. Weil die Eier auf dem Rasen des Weißen Hauses nicht von selbst in Fahrt kommen, dürfen die Kinder dort mit Löffeln nachhelfen, um sie voranzutreiben. Danach gibt’s Holzeier mit den Unterschriften des Präsidenten und der First Lady. Bis ins vergangene Jahrhundert hatte Meister Lampe ja bei uns auch noch tierische Konkurrenz: In Westfalen lieferten Füchse die Ostereier, in Thüringen kam der Storch und in der Schweiz sogar der Kuckuck. In Australien ist der Hase immer noch out, denn zusammen mit dem Kaninchen gilt er hier als Schädling. Deshalb heißt es Down Under: „Osterbilby statt Osterhasi“.
Zu Ostern vermehren sich die Bilbys explosionsartig - aus Schokolade
Der Bilby nämlich, ein kleines hasenähnliches Beuteltier, gilt als Hauptopfer der Hoppel-Invasion. Angeblich gibt es nur noch 600 Bilbys. Zu Ostern vermehren sie sich dann explosionsartig - aus Schokolade. Auch in Schweden ist der Osterhase abgemeldet. Ein Osterküken stiehlt ihm hier die Schau. Denn es bringt nicht nur die Eier, sondern bestimmt auch die Farbe des Festes: Ostern erstrahlt Schweden in Gelb, die Wohnungen sind mit Birkenzweigen und Federbüscheln geschmückt. Nebenan, in Finnland, spielt die Birke ebenfalls eine wichtige Rolle: Die Finnen schlagen ihren Freunden und Bekannten leicht mit Birkenruten auf den Rücken. Als Ersatz für Palmwedel, mit denen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begrüßt wurde. Finnische Kinder ziehen am Ostersonntag, meist rußgeschwärzt und mit Kopftüchern verkleidet, lärmend durch die Straßen und bitten um Süßigkeiten und Kleingeld. Wesentlich handfester gehen die Polen zur Sache: „Smyngus-Dyngus“ heißt der Brauch, bei dem am Ostermontag kaum jemand trocken bleibt. Vor allem die Kinder bespritzen sich gegenseitig mit Wasser und schütten es anderen kübelweise über die Köpfe. Eine feuchtfröhliche Erinnerung an die Taufe des Prinzen Miesko I. im Jahre 966, der den Polen das Christentum brachte. Ebenfalls feucht geht es in Ungarn zu: Auch am Ostermontag bespritzen die Männer die Frauen aus der Familie und dem Freundeskreis mit Parfüm oder Wasser. Im Gegenzug werden sie mit Kuchen, Alkohol und Ostereiern bewirtet. Letztere haben in der Nachbarschaft, bei den Bulgaren, keine lange Lebensdauer. Denn die Bulgaren verstecken die Eier nicht, sondern lassen sie genussvoll an Kirchenmauern zerplatzen oder bewerfen sogar Familienangehörige damit.
Das Dorf Lüdge bei Bad Pyrmont hat das wahrscheinlich größte Osterfeuer in Deutschland
Etwas vornehmer müssen sich die Kinder in Großbritannien beim Eier-Zerstören benehmen - dem „Egg-shackling“: Dabei werden zuerst die Kindernamen auf rohe Eier geschrieben, dann die Eier so lange in einem Sieb geschüttelt, bis nur noch ein heiles als Sieger übrig bleibt. Die Franzosen müssen - abgesehen von den Menschen in Elsass-Lothringen - am Karfreitag arbeiten. Wichtiger als der Osterhase sind bei unseren Nachbarn die Kirchenglocken. Sie schweigen von Gründonnerstag bis Karsamstag, um den Tod Jesus Christus zu betrauern. Am Ostersonntag dann läuten sie im ganzen Land mit voller Kraft, um die Auferstehung zu verkünden. Den Kindern erzählt man, dass dieses Glockenläuten bis nach Rom zum Papst dringt und es von dort mit den Ostereiern zurückkehrt. Wie wär’s mit einem Besuch beim wahrscheinlich größten Osterfeuerspektakel Deutschlands? Dazu lädt alljährlich das Dorf Lügde bei Bad Pyrmont ein: Hier rollen die Bewohner am Nachmittag des Ostersonntags sechs hölzerne Wagenräder auf den Osterberg, sie haben einen Durchmesser von 1,70 Meter. Vorher wurden die Räder mit Roggenstroh und Haselnusszweigen ausgestopft. Nach Einbruch der Dunkelheit werden die sechs Räder in Brand gesteckt und rollen dann den Osterberg runter - bestaunt von bis zu 40 000 Zuschauern.
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