Moorpackung gegen Burn-out
Die Wellness-Branche hat den Burn-out entdeckt. Doch was bringen solche "Kuren" wirklich?
Burn-out ist in. Schließlich lässt sich unter dem Label fast alles verkaufen, vom ayurvedischen Stirnguss über die Aromamassage und die Ozon-Sauerstoff-Therapie bis zur F.X.Mayr-Kur. Wir sagen, was Sie von solchen Offerte erwarten dürfen.
Nur ein anderer Begriff für Stress?
"Burn-out - wenn nichts mehr geht" heißt das neue Paket im Parkhotel Residence in Bad Wörishofen. Mit einer Energie-Massage mit Moorpackung, einer Lichttherapie, zwei vitalisierenden Spa-Anwendungen und dem "Relaxen im Chi-Energieshaker" sollen vom beruflichen Alltag erschöpfte Gäste wieder zu Kräften kommen. "Burn-out sagt doch inzwischen jedem etwas", erklärt Hotelmitarbeiterin Christine Schüll. "Da sind wir eben auch auf den Zug aufgesprungen."
Auch der Veranstalter FIT Reisen bietet in seinem neuen Katalog erstmals Burn-out-Pakete an. "Heute ist das doch vielfach ein anderer Begriff für Stress", sagt Claudia Wagner, Geschäftsführerin von FIT Reisen. Immer mehr Hotels würden daher erkennen, dass sie da Abhilfe bieten können und dafür nur ihre Pakete umbenennen müssen.
Auch für Michael Altewischer, Geschäftsführer der Wellness-Hotels-Deutschland, ist das Erschöpfungssyndrom ein Thema. "Es geht um die Menschen, die sich zwar noch gesund fühlen, aber wissen, dass sie etwas für sich tun müssen", erklärt Altewischer. Gerade Manager, die nach außen keine Schwäche zeigen dürften, suchten dabei gern Hilfe in einem Wellness-Hotel, wo niemand sie kennt. Notwendig sei jedoch ein Arzt im Haus, und wer bereits unter einem richtigen Burn-out leide, der gehöre in eine Klinik.
Im Gespräch wird geklärt, ob eine Auszeit genügt
Unter dem Burn-out-Syndrom (englisch: burn out, ausbrennen) versteht man einen Zustand emotionaler Erschöpfung. Es beginnt meist mit einem überdurchschnittlichen Engagement für bestimmte Ziele, dem Verzicht auf Erholungs- oder Entspannungsphasen und der Fokussierung auf den Beruf als hauptsächlichen Lebensinhalt. Später treten chronische Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Depressionen auf. Ärzte sprechen daher auch von Erschöpfungsdepression. Fundierte Zahlen über die Verbreitung von Burn-out gebe es bisher nicht, sagt Burn-out-Experte Professor Matthias Burisch von der Universität Hamburg. Auch darüber, ab wann man von einem Burn-out-Syndrom spricht, herrsche keine Einigkeit. Klar sei nur, dass es ein Prozess mit verschiedenen Phasen ist, die jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge ablaufen können.
"Am Anfang steht oft der psychische Anteil", betont Burisch. Man will perfekt sein, kann nicht Nein sagen und übernimmt immer mehr Aufgaben. "Irgendwann sitzt man dann in einer Zwickmühle", so der Psychologe, "strampelt sich immer mehr ab und kommt trotzdem nicht zum Ziel." Reine Wellness-Angebote ohne psychologische Betreuung genügen da in der Regel nicht mehr. Der Experte hält medizinischen Rat für unabdingbar. Schließlich kann die Erschöpfung auch andere Ursachen haben.
"Man muss im Aufnahmegespräch klären, inwieweit eine Auszeit genügt oder eher ein Klinikaufenthalt angebracht ist", mahnt auch Heike Mohr, Geschäftsführerin in Schloss Warnsdorf an der Ostsee, einer Privatklinik mit gehobenem Hotelkomfort. Dort gibt es ein "Gesundheitspaket für Menschen mit akuten Stress- oder Burn-out-Symptomen". Es enthält neben einer Eingangsuntersuchung die Teilnahme am Sportprogramm und Entspannungstraining sowie einen Personal-Trainer. Je nach Bedarf kann man auch Einzelstunden bei einem Psychotherapeuten dazu buchen. "Für viele sind wir so etwas wie eine Energie-Tankstelle", so die Geschäftsführerin. Häufig sei schon allein das Gefühl hilfreich, hier gut aufgehoben zu sein und seine eigenen Bedürfnisse wieder erspüren zu können.
Burn-out-Pakete als Marktlücke?
Auch das Menschels Vitalresort in Bad Sobernheim bietet seit 2009 ein Burn-out-Programm an. Das einwöchige Programm umfasst zwei längere Arztgespräche mit einer Eingangsuntersuchung. Danach wird das individuelle Paket zusammengestellt. Neben der Teilnahme an Sport- und Entspannungsangeboten gehören dazu Massagen und Lehmbäder. "Wir sprechen auch die möglichen Ursachen an und versuchen, beim Abschlussgespräch mit dem Gast individuelle Ziele für zu Hause zu formulieren", erklärt Dr. Matthias Menschel. Dazu könne auch die Kontaktaufnahme mit einem Psychotherapeuten oder Coach gehören. Das Programm selbst könne stets nur eine Initialzündung für Veränderungen sein.
Problematisch findet der Arzt es, wenn Wellness-Hotels nun plötzlich auch Burn-out-Pakete anbieten, weil sie dort eine Marktlücke sehen. "Dazu gehören immer auch therapeutische Gespräche", warnt der Mediziner.
Bärbel Schwertfeger
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