Lohnt sich Meilensammeln noch?

Die Prämien werden immer rarer, die Meilenregeln schlechter. Hier erfahren Sie, wie das Sammeln trotzdem noch Sinn machen kann.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Komfortservice in der Business-Class, Foto: Lufthansa
srt Komfortservice in der Business-Class, Foto: Lufthansa

München - Die Prämien werden immer rarer, die Meilenregeln schlechter. Hier erfahren Sie, wie das Sammeln trotzdem noch Sinn machen kann.

Marc Schauhuber fliegt regelmäßig weit: zweimal im Jahr nach Fernost. Im Schnitt hat er zuletzt 1160 Euro pro Flug gezahlt. Superbilligtickets ohne Meilen hätte es dagegen schon für 900 Euro gegeben. Pro Trip werden ihm rund 15000 Meilen gutgeschrieben. Mit dem fünften bezahlten Flug sind endlich die 70000 Meilen für einen Prämienflug erreicht.

Jetzt rechnet er nach und stellt fest: Hätte er gleich zu den billigsten Tickets ohne Meilen gegriffen, dann könnte er jetzt vom Ersparten locker das sechste Ticket erwerben und hätte noch fast 400 Euro übrig. Sein Fazit: Meilensammeln war gestern mal gut, heute lohnt es sich nicht mehr.

Vor zehn Jahren war die Vielfliegerwelt wirklich noch in Ordnung

Da gab es für Billigflüge gleichviel Meilen wie für Vollzahlertickets. Man musste sich nur den günstigsten Flug suchen, bekam die Meilen obendrauf, nahm sie mit und Freude sich, wenn am Ende ein Freiflug dabei heraus kam. Falsch machen konnte man nicht viel. Das Meilensammeln kostete ja nichts außer der kleinen Mühe, immer sein Kärtchen vorzuzeigen.

Heute gibt es dagegen vernünftige Meilengutschriften fast nur noch für teurere Tickets. Die asiatischen Fluggesellschaften und Air France/KLM geben auf die günstigsten Tickets gar keine Meilen mehr, Lufthansa und British Airways nur noch Bruchteile und selbst bei den freigiebigeren US-Fluggesellschaften wie United und Continental bröckeln die Gutschriften für Billigtickets.

Wer dann genau nachrechnet, der entscheidet sich immer häufiger gegen die Meilen. Zumindest wenn er selber zahlt und ihm der sonstige Mehrwert der teureren Buchungsklassen egal ist.

Ist das Meilensammeln also ein Auslaufmodell?

Keineswegs. Der Geschäftsreisende, der auf Kosten seines Arbeitgebers durch die Weltgeschichte jettet und die Meilen selber einstreichen darf, wäre ja dumm, das Extra nicht mitzunehmen. Er ist die Hauptzielgruppe aller Meilenprogramme. Ihn, der die Flüge zwar nicht selber zahlt, aber meist doch die Fluggesellschaft wählt, wollen alle Airlines umgarnen und ihn locken, auf sie zuzusteuern, auch wenn sie im Zweifelsfall mal ein paar Euro teurer sind.

Dass Urlauber überhaupt von Meilenprogrammen profitierten, hatte am Anfang zwei Gründe: Zum einen waren die eigentlich auf Geschäftsleute ausgerichteten Regeln manchmal schlicht zu löchrig, und oft hatte der Billig-Traveller einfach Glück und Geschick, im Streuverlust der Werbeausgaben sein Schnäppchen zu machen.

Sogar für Autoreifen und Fußballtickets gibt es heute Meilen.

Doch schnell erkannten viele Fluggesellschaften, dass mit Billigtickets Geld zu verdienen ist und dass Meilen ein zugkräftiges Argument sind. Das gilt grundsätzlich bis heute. Doch in der Krise werden solche Marketingaufwendungen nur zu gern schnell zurückgefahren. Bei der Herausforderung, Billigfliegern mit 99-Euro-Tickets Paroli bieten zu können, waren die Meilengutschriften das erste, was dem Rotstift zum Opfer fiel.

Mehr noch: Statt selbst Freiflüge zu verschenken, entwickelten viele Airlines ihre Vielfliegerclubs zum Meilen-Goldesel. Längst wird die Mehrzahl der Miles-and-More-Meilen nicht mehr mit Flügen verdient, sondern beim Kauf ganz anderer Dinge: Aktienfonds und Zeitschriftenabos, Notebooks und Parfums. Sogar für Autoreifen und Fußballtickets gibt es heute Meilen.

Und was bedeutet das alles für den preisbewussten Reisenden? Vor allem neue Chancen beim Meilensammeln. Wenn es heute Meilen dafür gibt, dann kauft man künftig eben seine Bücher über den angeschlossenen Onlineshop, nimmt die 15000 Miles-and-More-Meilen für das DSL-Paket der Telekom mit und vergisst auch nicht, es nach der Mindestabodauer von einem Jahr wieder zu verlassen - denn bestimmt gibt es ja dann ein neues lukratives Angebot. Unter diesem Gesichtspunkt verschiebt sich plötzlich die Attraktivität von Meilenprogrammen. Wer nur über Flüge sein Meilenkonto füllen will, für den ist Miles and More eher langweilig. Mit mehr als 300 Sammelmöglichkeiten wird das Lufthansa-Bonusprogramm aber plötzlich hochinteressant für alle, die auf kreative Art und Weise an die Meilen kommen wollen.

Clevere sammeln nur bei Clubs, die kein festes Verfallsdatum einbauen

Vorsorge tut freilich nicht nur beim Sammeln not, sie ist auch hilfreich, damit die mühsam gesammelten Meilen nicht gleich wieder verfallen. Die beste Lösung heißt: nur bei Meilenclubs sammeln, bei denen kein festes Verfallsdatum eingebaut ist. Bei den meisten asiatischen Airlines sind nach drei Jahren ohne Wenn und Aber die Meilen weg. Bei Lufthansa Miles & More gilt das nur, wenn man kein Statuskunde ist (ab 35000 Flugmeilen pro Jahr) oder eine Miles-and-More-Kreditkarte besitzt (deren Bestellung man sich wieder mit 10000 Meilen versüßen kann). Noch billiger geht es bei Air France/KLM oder den meisten US-Airlines: Da verfallen Meilen nur, wenn 18 Monate lang keine einzige Kontobewegung stattfand. Und dazu zählt auch jeder klitzekleine Einkauf im Onlineshop.

Fazit: Natürlich lohnt sich das Meilensammeln. Aber der Erfolg ist nicht umsonst zu haben: Man muss Preise vergleichen, in die Zukunft planen, Sonderaktionen im Blick behalten und immer öfter auch seine TV-Zeitschrift danach aussuchen, welche am meisten Meilen gibt. Wem das zu nervig ist und wer ohnehin immer zu denen gehört, die den einst zum Geburtstag erhaltenen Kinogutschein erst dann wieder finden, wenn er gerade abgelaufen ist, der kauft besser gleich das billigste Ticket.

Das hat sich für Meilensammler verschlechtert

Es gibt immer weniger: Lufthansa zum Beispiel wirbt zwar damit, dass jeder Flug Meilen bringt. Das stimmt, aber oft sind es lächerlich wenig: z.B. 125 Meilen für einen Europa-Billigflug. Mindestmeilen wurden abgebaut. Früher brachte ein Kurztrip Berlin-Düsseldorf 1000 Meilen, jetzt sind es noch ganze 250. Meilen verfallen schneller als früher Früher waren Meilen bei den meisten US-Airlines endlos haltbar, heute muss man alle 18 Monate mindestens eine Aktivität nachweisen. Hohe Nebenkosten: Von Freiflügen kann man eigentlich nicht mehr sprechen. Steuern, Sicherheitsgebühren, Kerosinzuschläge summieren sich selbst bei Kurzstreckenflügen innerhalb Europas schnell auf 120 Euro. Auf Fernflügen kommen bei Lufthansa & Co. hin und zurück locker 300 Euro zusammen. Gnädiger geben sich die Amerikaner: Delta kassiert nach USA 50 Euro extra, United (noch) gar nichts. Prämientricks: Inzwischen kann man die Gebühren z.B. bei Air Berlin und Lufthansa auch mit Meilen bezahlen. Das ist aber auch ein teurer Spaß, damit kosten sie doppelt so viel wie bisher. Teuer am Telefon: Zahlen muss auch für Prämienbuchungen, wer zum Telefonhörer greift und nicht via Internet bucht. Bei American Airlines kosten inzwischen sogar alle Prämienbuchungen über die Webseite des Meilenprogramms fünf US-Dollar.

Hans-Werner Rodrian

Jetzt das Video zum AZ Live Stream:

Abendzeitung live

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.