Leichtmatrosen unter sich
Anker auf und Leinen los. Zum Hausbootfahren braucht man auf der Mecklenburgischen Seenplatte nicht mal eine Führerschein.
Die großen Bäume spiegeln sich im Wasser, wie Skulpturen stehen Graureiher erhaben an den Ufern. Einer äugt misstrauisch zu unserem Boot herüber. Dann stelzt er weg - ohne jede Eile.
Ohne jede Eile - so sind auch wir auf der mecklenburgischen Seenplatte mit unserem zwölf Meter langen Hausboot unterwegs. Wir, das sind zwei befreundete Mütter mit ihren Jungs Ben (8), Niklas (8) und Bastian (6). Eine Crew, die bis vor wenigen Tagen keine Ahnung von Booten hatte, geschweige denn das Know-how, wie man sie fährt.
Eine Woche lang tuckern wir nun mit dem Boot über die größte zusammenhängende Seenlandschaft Europas. Ohne Kapitän. Und nicht mal einen Boots-Führerschein braucht man hier. Neugierig haben wir unser Hausboot am Ankunftstag bestaunt. So lang, so breit, so groß, so schön! Und noch völlig ohne Kratzer! „Hoffentlich sieht das Boot auch nach dem Urlaub noch genau so aus“, flüstert mir meine Freundin Verena ins Ohr.
Doch Bedenken haben nur wir Mütter. Wie Piraten entern die drei Jungs das Schiff. Ben sitzt wie ein Truckerfahrer hinter dem Steuer. Niklas schwingt das Schiffstau wie ein Cowboy sein Lasso. Und Bastian, der Jüngste, gibt erste Kommandos. Hey Kapitän, nimm uns mit auf die Reise! Schnell springen die Mütter auf. Die Fahrt geht los!
Der Dieselmotor arbeitet, die Schraube wirbelt das Wasser auf.
Wir sind gewappnet. Drei Stunden hat die Einführung über das Boot und die Verkehrsregeln auf dem See gedauert. Rote und blaue Bojen, wissen wir nun, sind ausgesprochen wichtig. Sonst laufen wir auf Grund, und die Reise ist zu Ende. Ob die blaue Boje rechts von uns sein muss oder links, entscheidet die Fließrichtung des Gewässers. Die Seekarte wird zu unserem engsten Verbündeten.
Der Dieselmotor arbeitet, die Schraube wirbelt das Wasser auf. Wie ein Betrunkener, der durch eine Gasse torkelt, meistern wir den ersten Kanal. Wir entwickeln gerade ein Gefühl zur Steuerung. Und stellen fest: Boote regieren zeitversetzt auf die Lenkung. Sehr spannend ist das übrigens, wenn man gerade auf eine Zwei-Millionen-Jacht zusteuert. Doch es dauert keine Stunde, und wir haben den Dreh raus. Hausbootfahren entpuppt sich als recht simpel – auch für Sechsjährige.
Das Wasser gluckst unter den Füßen, der Wind am Ufer streichelt das Schilf. Es gibt keine Touristenhochburgen, nur sanft in die Landschaft eingegliederte Blockhäuser und Camps. Manchmal treffen wir auf andere Boote, einige sehen aus wie schwimmende Hundehütten. Tom Sawyer lässt grüßen. Und wir schwimmen vorbei an wunderschönen mittelalterlichen Städten mit alten Alleen und holprigen Kopfsteinstraßen.
Manchmal legen wir in einem Hafen an, um einzukaufen und werden freundlich vom Hafenmeister empfangen. Verena entpuppt sich als Lenk-Talent. Ihr Joker beim Einparken: Das Bugstrahlruder. Damit lässt sich ein Boot präzise drehen. Mit Vergnügen schiebt sie so das fette Boot rückwärts in die Parkbucht. Unter neidischen Blicken von Männern. Abends ankern wir in einer zauberhaften Bucht, keinen zieht es an Land. Wir haben alles an Bord, was man für einen zivilisierten Abenteuerurlaub braucht: Musikanlage, Ofen, Grill, Kühlschrank, Schlafzimmer mit eigenem Bad.
Ruhig liegt das Boot im glasklaren See.
Am Morgen strahlt die Sonne und die ganze Crew wie Melonenscheiben. Anker werfen ist einfach, ihn aber wieder rauszuholen, na ja. Die Ankerteufelchen halten ihn am Seegrund fest, scherzen die Kinder, während die Mütter an der Kette ziehen und schnaufen. Mehrfach zieht der Anker die Kette zurück auf den Grund. Die Stahlkette zischt durch ihre Hände. Aua! Aber mit Kraft, Ausdauer und dicken Handschuhen geht es dann doch.
Eine Woche lang zuckeln wir mit unserem Privathotel durch eine Welt, die voller Schönheiten steckt. Die Seenplatte ist berühmt für ihren Artenreichtum. Es gibt Eisvögel, Biber, Adler und sehr viele Reiher. Wir tauchen ein in die friedliche Idylle, in die Weite der Natur. Die Hektik ist hier nicht angekommen. So wie das Boot langsam dahingleitet, so schalten wir alle innerlich runter auf niedrige Geschwindigkeit. Ein Wohltat für alle, die sonst volle Pulle durch ihren Alltag rasen. Unsere Routenplanung werfen wir schnell über Bord. Egal welche Richtung wir einschlagen, es ist überall schön. Nur eine Strecke nicht: Der Weg zurück zum Jachthafen, um das Boot wieder abzugeben.
Natalie Dertinger
Service Hausboottour
Was Sie mitbringen sollten: Wasserdichte Kleidung, rutschfeste Schuhe, Handschuhe
Was Sie nicht bringen sollten: Laptop oder irgendwelche Arbeit, passt beides nicht zum Urlaub. Am besten auch das Handy tagsüber ausschalten.
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Was es kostet: Ein einwöchiger Urlaub kostet auf dem Drei-Anker-Boot Crusader (sechs Personen) ab 1485 Euro.
Infos: Le Boat, Telefon 06101/5579175, www.leboat.de
Die AZ reiste auf Einladung von Tui und Le Boat.
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