Korkeichen, Kacheln und ein Café com leite
Wer jetzt in Faro aus dem Flieger steigt, der entdeckt noch ein Stück ursprüngliches Portugal. Die bunten Markthallen gehören den Einheimischen, und an den Stränden sind die Fischer wieder unter sich. Viele Bars und Restaurants sind zwar geschlossen, hölzerne Strandtavernen knarren verlassen im Wind. Stattdessen locken aber frühlingshafte Temperaturen zu Ausflügen ins Hinterland und ausgedehnten Wanderungen.
Der schönste Küstenabschnitt für lange Strandspaziergänge liegt zweifellos zwischen dem bizarren Felsenpark der Ponta da Piedade bei Lagos und den windumtosten Steilklippen am Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Zipfel des europäischen Festlands. Mal kraxelt man von einer menschenleeren Bucht zur nächsten durch die Felsen, mal genießt man auf den Klippen den unverbauten Blick aufs Meer und lässt sich würzige Duftwolken um die Nase wehen.
Grandiose Aussichten bietet der Gipfel des 902 Meter hohen Fóia in der Serra de Monchique im Hinterland: Halb Algarve liegt einem zu Füßen, am Horizont glitzert der Atlantik. Kaum zwanzig Kilometer von der Küste entfernt taucht man in eine andere Welt. Die Fahrt dorthin geht von der Hafenstadt Portimão geradewegs gen Norden, vorbei an Obstplantagen und Gemüsefeldern, durch lichte Eukalyptuswälder. Rostrot leuchten die nackten Stämme geschälter Korkeichen. Mimosen und Mandelbäume, Rhododendron und Pfingstrosen weben bunte Tupfer in die grüne Landschaft. Hier wuchern Heidekraut und meterhoher Farn, wachsen Kastanien und wilde Azaleen. Mitten in der grünen Idylle liegt das alte Thermalbad Caldas, romantisch in eine schmale Schlucht gebettet. Dem Heilwasser, das hier 33 Grad warm aus fünf Schwefelquellen sprudelt, werden wahre Wunderdinge nachgesagt, besonders bei Rheumatismus, Atembeschwerden und Magenleiden.
Äußerlich unscheinbar steht das Kirchlein São Lourenço dos Matos auf einer Anhöhe bei Almansil direkt an der Nationalstraße 125. Und doch lohnt es sich anzuhalten. Denn innen glitzert ein Traum in Weißblau. Bis in die Kuppel ist die Kapelle mit Azulejos, den für die Algarve typischen blauweißen Kacheln, ausgekleidet. Das Gegenstück steht in der Hafenstadt Lagos: Vergoldete Holzschnitzerei, wohin man schaut, macht die Kirche Santo António zum schönsten Gotteshaus der Algarve.
Wer ländliche Idylle sucht, der geht am besten mit dem Mietwagen auf Entdeckungstour. Jenseits der Nationalstraße 125, die die ganze Küste begleitet, lohnen gemütliche Dörfer mit ursprünglichem Landleben die Ausflugsfahrt. Alte, Benafim, Paderne, Pena, Salir - einladend sind sie alle, diese stillen Bauerndörfer. Verschlafen und unspektakulär, mit verwinkelten Gassen, schattigen Plätzen und weißgekalkten Häusern, wie hingeklebt an die sonnenbeschienenen Hänge.
Ein Erlebnis für sich ist der Küstenabschnitt östlich von Faro. Statt bizarrer Klippen gibt es dort Sonne, Sand und sanfte Wellen. Weite Dünenstrände, schmale Sandbänke und grüne Lagunen erinnern an die Wattlandschaften der Nordsee. Mit dem Unterschied, dass man an der Sand-Algarve selbst im Januar vergleichsweise leicht bekleidet kilometerlange Strandspaziergänge unternehmen kann.
Ein Muss zu jeder Jahreszeit ist Tavira, für viele die schönste Stadt an der Algarve. An Bewunderern mangelt es dem pittoresken Städtchen nicht. Aber die meisten bleiben nur ein paar Stunden. Sie schlendern durch schmale Gassen, die von stattlichen Patrizierhäusern gesäumt sind, bestaunen die geschmiedeten Balkone, die wie Schmuck vor den hohen Fenstern hängen. Sie genießen die Ruhe im winzigen Park der Burgruine, lassen den Blick über Pagodendächer und Kirchtürme schweifen. Noch schnell einen Café com leite (Milchkaffee) unter schattigen Bäumen vor dem Café Arcada - dann drängt der Reiseleiter zur Weiterfahrt. So berührt der Massentourismus die einstige Hauptstadt der Provinz Algarve bis heute nur stundenweise.
Das gilt auch für das Bergstädtchen Loulé, wo samstags der Wochenmarkt abgehalten wird. Rund um die Markthalle feilschen Händler, schreien Marktfrauen und gackern Hühner. Auf den Ständen türmt sich Obst und Gemüse, Fisch, Wurst und Käse; Blumen, Messingkannen und geflochtene Körbe verwandeln die Gassen in ein buntes Mosaik. Und wer anschließend im Café Havaneza Louletana an der Praça da República den Frauen beim Plauschen zuschaut, einen Kaffee trinkt und dazu süßes Gebäck knabbert, den stört es wenig, dass das Meer zum Baden zu kalt ist und gelegentlich mal eine Regenwolke vorbeizieht.
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Portugiesisches Fremdenverkehrsamt, Tel. 030/2541060, (Info-Tel. 01805/004930), www.visitportugal.com, www.turismodeportugal.pt. Associação Turismo do Algarve, Tel. 00351/289/800403, www.visitalgarve.pt, www.algarvepromotion.pt (Infos auch in deutscher Sprache)
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