Keine Angst vor wilden Tieren
Südafrika - Das eigentliche Abenteuer bei Foto-Safaris ist nicht die Begegnung mit den wilden Tieren, sondern die Begegnung mit sich selbst - wie AZ-Autor Arno Frank Eser bei seiner Tour in Südafrika erfahren durfte.
Seit drei Stunden kriege ich kein Auge zu. Da knackt doch schon wieder was im Unterholz! Und diese entsetzlich laute Schnaufen! Ganz nah neben meiner Schlafstätte, die nur durch ein Fliegengitter vom Busch getrennt ist. „Machen Sie sich keine Sorgen“, hat der junge Ranger gesagt, „es gibt keinen vernünftigen Grund, warum ein Löwe in Ihre Hütte kommen sollte.“ Aber warum, verdammt noch mal, darf dann im Camp nach Sonnenuntergang keiner mehr ohne bewaffneten Begleitschutz in sein Bett gehen?
Im Zoo oder im TV sehen die Viecher alle ganz niedlich aus
Doch so richtig live, ohne Scheibe oder Gitter dazwischen, fühlt sich das ganz anders an. Nicht nur nachts, sondern auch am Tag. „Auf keinen Fall vom Sitz aufstehen und niemals den Jeep verlassen!“ Dave ist Ranger und Fahrer auf unserer Fotosafari. Außerdem hat er eine Pistole. Uns kann also nichts passieren. So lang Dave bei uns ist, jedenfalls nicht.
Die ersten Fotos sind im Kasten, die ersten Ängste überwunden. Dave würde bestimmt nicht so nah an einen Löwen ran fahren, wenn das riskant wäre. Oder? Aber die Elefantenkuh vorhin, die auf einmal mit weit abgespreizten Ohren auf unser Auto zukam? Das war doch ein Angriff! „Don’t worry, macht euch keine Sorgen“, hat Dave nur gesagt.
Okay, wir haben alle unterschrieben, dass wir für alles selbst verantwortlich sind und nie und nimmer den Safari-Veranstalter verklagen würden. Aber das ist doch sicher nur eine reine Formsache.
Ranger Dave hat gut reden, mit seiner Pistole
Wir sind in einem Wildschutzgebiet im Süden Afrikas, bewohnen eine komfortable Lodge. Schier unglaublich, was alles in die Wildnis geschleppt wurde, um es für uns bequem zu machen. Doch irgendwann muss den Erbauern dieses Camps das Geld ausgegangen sein, denn bei allen Hütten fehlt eine Wand! Man nächtigt quasi ungeschützt im Freien. „Don’t worry“, sagt Ranger Dave schon wieder, „die Tiere würden nie den Boden der Terrasse betreten; Sie sind vollkommen sicher!“ Er hat gut reden, mit seiner Pistole.
Tags drauf machen wir eine Kanu-Fahrt. Und oft genug zwingen uns Flusspferde zu Ausweichmanövern. Wann hat eigentlich das letzte Mal ein Hippo ein Boot angegriffen? Wirklich, so lang ist das schon her? Ist ja beruhigend. Erst später erfahren wir, dass ausgerechnet an diesem Tag ein Nilpferd ein Boot zum Kentern gebracht hat. „Wenn ich euch das früher gesagt hätte“, lacht Dave, „dann wärt Ihr mir nicht ins Boot gestiegen!“. Ach was.
Fange ich jetzt schon an zu fantasieren
Trotzdem sind wir froh, als wir wieder im Camp sind. Es hat Charme und jede Menge Luxus. Frühstück, Lunch, Dinner. Immer dann, wenn die Trommel ruft. Man kann sich auch die Wäsche waschen lassen, Souvenirs kaufen und vieles mehr. Nur nachts allein bewegen darf man sich nicht. Ein bewaffneter Ranger muss immer dabei sein.
Fange ich jetzt schon zu fantasieren an? Da schnuffelt doch was an unserer Hüttentüre! Ein Ameisenbär? Ein Pavian? Oder was Größeres? Wo ist eigentlich diese Trillerpfeife für Notfälle? Vorhin lag sie doch noch auf meinem Nachttisch.
Nach einem edlen Frühstück unternehmen wir einen Spaziergang durch den Busch, zu Fuß. Dave mit dem Gewehr vorneweg, wir hintendrein. Auf einmal fängt er zu flüstern an: „A lion, ein Löwe!“ Dann folgt er vorsichtig den frischen Spuren, dieser Verrückte, und bedeutet uns, ihm leise zu folgen. Wenn der Löwe in diese Richtung gegangen ist, dann gehen wir doch besser in die andere, oder etwa nicht?
Wie aus dem Nichts steht die Büffelherde auf einmal vor uns
Klack, das Gewehr wird durchgeladen. Wie lange kann ein Mensch eigentlich die Luft anhalten? Aug in Aug stehen wir den riesigen Tieren gegenüber. Mein frisches T-Shirt ist durchgeschwitzt. So eine Hitze aber auch.
Zeit zum Mittagessen, zurück ins Camp. Eine Riesenschlange neben der Bar, eine Riesenfledermaus in der Toilette, ein Baumfrosch in der Bambuswand, hüpfende Spinnen neben dem Waschbecken – ach, sie alle können uns nicht erschrecken. Wer dem Büffel, dem Hippo und dem Löwen ins Auge gesehen hat, der hat seine Meisterprüfung schon hinter sich.
Schließlich ereignet sich doch noch die alles verändernde Attacke. Am helllichten Tag. Meine Herzallerliebste fährt panisch hoch. Der Schmerz muss höllisch sein. So ein Bienenstich ins Ohrläppchen tut aber auch verdammt weh.
Die beste Zeit für Safaris ist von Juli bis Oktober. Persönlich maßgeschneiderte Foto-Safaris in Südafrika, Namibia, Botswana und Sambia gibt es von Sonnenhol Promotions München, Tel. 089/525479.
Arno Frank Eser
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