Herzwummern zwischen Himmel und Fels

Eine Tour über einen Klettersteig in den Lienzer Dolomiten ist schweißtreibend, macht aber glücklich.
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Abenteuerlich: Auf dem Klettersteig durch die Dolomiten, Foto: Rohm
srt Abenteuerlich: Auf dem Klettersteig durch die Dolomiten, Foto: Rohm

Eine Tour über einen Klettersteig in den Lienzer Dolomiten ist schweißtreibend, macht aber glücklich.

Blau blüht der Enzian, rot die buschige Alpenrose, gelb der Felsaurikel auf der 1800 Meter hohen Alm kurz vor dem Einstieg in den Madonnensteig. Eigentlich ein Idyll, doch, doch. Aber der Schweiß rinnt in Strömen, der Puls jagt das Blut mit einer Frequenz von über 150 Schlägen pro Minute durch den Körper.

Jetzt legen wir den Gurt an, Bergführer Helmut Mühlmann überprüft, ob wir Flachlandbewohner alles korrekt festgezurrt haben, die Karabiner-Haken gut funktionieren, und "aufi geht's". Nachdem wir bereits tausend Höhenmeter in zwei Stunden von der Klammbrücke hochgewandert sind, beginnt nun der spannende Teil der Bergwanderung. Um auch alpinen Anfängern das Gipfelglück zu ermöglichen, werden in den Alpen immer mehr Klettersteige angelegt, kilometerlange Stahlseile verlegt, alle paar Meter mit Moniereisen im Fels verankert. Das Material für die Arbeiten wird per Helikopter in die Berge geflogen.

Nach einer halben Stunde sind wir schweißgebadet

Wie am Madonnensteig in Osttirol: Teilweise klettert man mit beiden Händen, an besonders schwierigen und steilen Stellen zieht man sich am Seil hoch. Die Profis haben Fahrradhandschuhe dabei, denn das harte Seil ist auf Dauer recht schmerzhaft für zarte Kopfarbeiterhände. Zur Sicherheit ist man mit zwei Karabinerhaken am Stahlseil fixiert. Alle drei bis fünf Meter muss an den Fixpunkten der Moniereisen aus- und wieder eingehakt werden. Das kostet Zeit und Kraft, rettet aber im Fall der Fälle das Leben.

Ein Helm zum Schutz gegen Steinschlag gehört ebenfalls zur Pflichtausrüstung. Knapp fünfhundert Höhenmeter im kalkigen Dolomitenfels, teilweise Schwierigkeitsgrad C, dann geht es senkrecht aufwärts, und Hunderte Meter abwärts. Nach einer halben Stunde ist unsere neunköpfige Gruppe schweißgebadet. An der Teufelsschlucht überqueren wir eine sogenannte Nepal-Brücke, einen zehn Zentimeter breiten Steg, der mit zwei Seilen links und rechts gesichert ist. "Nicht runterschauen", ruft Bergführer Helmut. Automatisch macht man es doch und bekommt weiche Knie.

Die Umgebung ist grandios.

Doch sie zu genießen, dafür haben wir erst richtig Zeit, als wir oben auf der Großen Gamswiesenspitze sind, knapp 2500 Meter hoch. Gegenüber auf der anderen Seite des Iseltals wären Großglockner und Großvenediger zu sehen, wenn es nicht so wolkenverhangen wäre. Drei aus unserer Gruppe müssen den Notausstieg vor der Kleinen Gamswiesenspitze nehmen: Knieprobleme und Erschöpfung. Drei Frauen und zwei Männer erklimmen mit Helmut eine weitere Steilwand, bevor es an alten Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg vorbei wieder auf die blühende Alm geht, entlang gurgelnder Bächlein, durch Latschenkiefer- und Lärchenwäldchen.

Nach sieben Stunden empfängt uns Hans Wibmer, Wirt der Kerschbaumer Alm, mit einem Schnaps und zünftigem "Berg heil". Seine Frau Barbara formt in einer Schüssel Tiroler Knödel aus Semmelteig, Eiern, Speck und Bergpetersilie. Dann kocht sie die Knödel kurz in einer heißen Rinderbrühe auf. Frisch gestärkt geht es die letzten Kilometer ins Tal. Ein kurzer Blick hoch in die Gipfel setzt Glücksgefühle frei: Dort waren wir, haben es geschafft - und denken an den nächsten Klettersteigbesuch.

Franz Michael Rohm

Weitere Informationen:

Osttirol Information, Telefon 0043/50/212-212, www.osttirol.com, Urlaubsinformation und Prospektbestellung Telefon 01802/101818, www.austria.info.

Unterkunft: Strasserwirt, familiengeführter Gasthof der Oberklasse, Küche mit 13 Punkten im Gault Millau, HP mit 4-Gang-Menü im Doppelzimmer ab 58 Euro, A-9920 Strassen, Telefon 0043/4846/6354, www.strasserwirt.com.

Kerschbaumer Alm, Familie Wibmer, Telefon 0043/664/3034647, Zimmer mit 3 oder 4 Betten, 16 Euro, Lager 12 Euro, www.kerschbaumeralm.at.

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