Die neuen Preistricks der Billigflieger

München - Was Passagiere vor dem Buchen bei Easyjet, Tuifly und Co. wissen müssen: Steuern und dubiose Gebühren sorgen bei den vermeintlich billigen Airlines für böse Überraschungen.
Mit Ryanair von Memmingen nach Mallorca für 29,99 Euro, mit Tuifly von München nach Dubrovnik für einen knappen Euro - schöne neue Ferienwelt. Aber zu früh sollten sich Urlauber angesichts solcher Angebote nicht freuen. Denn obwohl die Europäische Union die Airlines zu mehr Transparenz verdonnert hat, kommt das dicke Preisende erst beim letzten Klick.
Die vermeintlichen Schnäppchen stellen sich nämlich oft als trügerisch heraus. Denn bei der Ryanair-Offerte kommen noch einmal fast 20 Euro an Steuern und Gebühren obendrauf, der Rückflug kostet - wie bei fast allen Billigfliegern - mit knapp 50 Euro deutlich mehr. Tuifly schlägt auf die 99 Cent im Smile-Tarif 28,01 Euro auf, der Flugschein retour ist deutlich teurer - und bei Paaren kann nur einer das Sonderangebot in Anspruch nehmen. Bei Germanwings kommen zum Ticketpreis von einem Cent noch einmal 19,98 Euro dazu.
Die Preisgestaltung hat Methode: Mit zahlreichen Extra-Gebühren wollen die Carrier auf ihre Kosten kommen - was bei Ticketpreisen von einem Euro verständlicherweise nicht klappt. Ärgerlich allerdings ist es, dass sich die Gesellschaften aufgrund des harten Wettbewerbs in der Branche nicht zu den Nebenkosten bekennen.
Ölpreise sinken, die Kerosinzuschläge bleiben trotzdem
Beispiel Ryanair: Service wird bei den Iren ohnehin klein geschrieben. Seit wenigen Wochen müssen Passagiere per Internet einchecken, weil die Schalter an den Airports zu viel kosten. Die "Dicken-Gebühr", die für besonders schwergewichtige Gäste angedacht war, ist - zumindest vorerst - vom Tisch. Weiter im Spiel ist jedoch die Idee, dass die Passagiere ihre Koffer bis zum Jet schleppen und dort abstellen müssen. Wenigstens hat das Management den Vorschlag rasch verworfen, den Zugang zur Bordtoilette nur gegen Münzeinwurf zu ermöglichen.
Weniger ausgefallen sind andere Tricks. Kerosinzuschläge sind angesichts der drastisch gefallenen Ölpreise eigentlich nicht mehr opportun. Einige Airlines allerdings berechnen sie weiterhin. Beim türkischen Carrier Sun Express etwa schlagen sie mit 25 Euro pro Person und Strecke zu Buche. Auch Condor und Tuifly langen in Sachen Treibstoff hin. Dabei laufen Verbraucherschützer gegen diese Praxis Sturm: "Die Kosten für Flugbenzin sind notwendiger Bestandteil der Flugkosten, müssen also eingerechnet werden", heißt es zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Beliebt sind auch die Flughafen- oder Flugsicherheitsgebühren
Niemand weiß ganz genau, was sich hinter diesem Posten auf der Ticket-Rechnung verbirgt. Unterschiedliche Airlines berechnen für die gleichen Strecken deutlich voneinander abweichende Abgaben. Im Klartext: Die Kalkulation bleibt den Fluggesellschaften überlassen, Vorschriften gibt es nicht - und damit auch keinen Grund, die Gebühren nicht von vornherein auf den Preis aufzuschlagen. Keinen Deut besser ist die Service- oder Bearbeitungsgebühr. Die beträgt bei den türkischen Pegasus Airlines immerhin üppige 30 Euro pro Buchung, bei Sun Express sind es wie bei Condor fünf Euro je Person und Strecke.
Auch das Gepäck für den Urlaub fliegt nicht gratis. Germanwings berechnet pro Koffer fünf Euro Aufpreis. Bei Ryanair sind es zehn Euro für den ersten (nur Online-Buchungen), 20 für den zweiten und dritten Koffer - sofern die Gepäckstücke nicht mehr als insgesamt 15 Kilogramm wiegen. Sonst nämlich wird ein Übergepäckzuschlag von stolzen 15 Euro pro Kilo fällig. Easyjet kassiert 22 Euro pro Gepäckstück bis 20 Kilo; drei Kilo mehr müssen mit 54 Euro ausgeglichen werden.
Stornos sind bei allen Billigfliegern nicht möglich
Und dann geht es rein in den Flieger. Faustregel bei immer mehr Gesellschaften: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Eine Variante ist der Run auf die besten Plätze wie bei Easyjet und Ryanair. Nur wer vorher einen Aufpreis überweist, darf zuerst einsteigen. Vorsicht Falle: Bei Vorfeld-Transfers zum Jet dürfen die "VIP"-Gäste zuerst in den Bus steigen - sind beim Borden dann allerdings eher hintendran. Die Alternative etwa bei Germanwings und Tuifly ist die Sitzreservierung - natürlich gegen Gebühr.
Falls vor dem Start doch noch der Kollege vertreten, die Oma ins Krankenhaus gebracht oder die Kinder gesund gepflegt werden müssen, sollte ein Umbuchen möglich sein. Bei Tuifly kostet die Änderung 25 Euro je Strecke, Germanwings ist mit 34 Euro der teuerste Anbieter. Stornos - das ist allen Billigfliegern gemein - sind in der untersten Buchungsklasse nicht drin. Und die nächsthöhere Kategorie (in der Regel als "Flex" bezeichnet) ist so viel teurer, dass der Aufwand selten lohnt. Da ist eine gute Reiserücktrittsversicherung die bessere Wahl.
Die Maschine rollt an, hebt ab. Jetzt können sich die Reisenden entspannen und sind vor Abkassierern gefeit. Weit gefehlt, denn wenn der Servierwagen anrollt, sollten Urlauber schon mal das Kleingeld bereit halten. Air Berlin schenkt alkoholische Getränke nur gegen Bares aus, Bei Easyjet und Tuifly kostet schon der Kaffee 2,50 Euro. Immerhin: wer bereit ist, noch tiefer in die Tasche zu greifen, der kann sich gegen Aufpreis vorweg ein Gourmet-Menü bestellen - neidische Blicke der Sitznachbarn sind dann garantiert.
Marc Reisner