Den Alltag der Wikinger erleben
Plündernd und raubend auf der Suche nach Ruhm, Reichtum und Abenteuer, versetzten sie vor über tausend Jahren ganz Europa in Angst und Schrecken. Blitzartig tauchten sie mit ihren Langschiffen an Küsten und Ufern auf. Bis an die Zähne bewaffnet eroberten die Wikinger Dörfer, plünderten Klöster, versklavten die Bewohner und brannten nieder, was sie nicht mitnehmen konnten.
Wer waren diese furchteinflößenden Seekrieger aus dem hohen Norden? Im süddänischen Ribe, der ältesten Stadt des Landes, lässt sich ihre Geschichte hautnah erleben.
„Wikinger waren nicht nur blutlüsterne Barbaren“, sagt Dan Hansen, einer der Wikinger-Schauspieler im Wikingerdorf in Ribe. Und den größten Irrtum über die Seekrieger räumt er auch gleich aus: „Ihre Helme hatten keine Hörner, das ist eine Erfindung Hollywoods“, erklärt der 58-Jährige in sehr gutem Deutsch. „Die hätten im Kampf nur gestört.“
Wikinger waren auch Schreiner, Schmiede, Bauern, Töpfer, Weber, Falkner oder Schmuckmacher. Wie ihr Alltag zu ihrer Blütezeit zwischen 800 und 1050 nach Jesus Christus aussah, das Leben die Darsteller im Wikingerdorf vor. Detailgetreu wurde alles nachgebaut. Orientierung gaben Funde aus der Wikingerzeit, die in und um Ribe gemacht wurden.
Nur für Mutige: Mit Kriegsgebrüll ins Schlachtengetümmel
Auch die Schauspieler selbst wollen so authentisch wie möglich rüberkommen. Viele von ihnen sind Studenten oder Abiturienten, die ein soziales Jahr einlegen. Freiwillige werden immer gesucht – auch Ausländer.
Die Dorfbewohner sind in Leinen- und Wollstoffkleider gehüllt. Als Schuhe dienen zusammengschnürte Lederfetzen. Runenzeichen zieren die Gewänder. „Der Bart darf natürlich auch nicht fehlen“, scherzt Hansen und streichelt dabei über seine dichte graue Gesichtsbehaarung. Jeder der Darsteller hat eine bestimmte Aufgabe. Hansen ist als Bauer für die Tiere des Dorfes verantwortlich.
Der Däne führt Besucher herum. Aus der Schmiede ertönt das dumpfe Gehämmer, wenn Eisen auf Eisen trifft. Drachenköpfe schauen von den Giebeln der mit Reet bedeckten Holz- und Lehmhütten herab. Kühe muhen, Schweine grunzen, Hennen gackern und der Hahn kräht.
Die abenteuerliche Reise in die Vergangenheit lässt die Gäste aus der Neuzeit mit einer längst versunkenen Welt verschmelzen.
Kinder – aber auch Erwachsene – dürfen sich als Schmuck- und Perlenmacher, Handwerker oder Waffenschmiede versuchen. Auch eine Falkner-Show gibt es zu bestaunen. Wer mutig genug ist, kann sich ein Kettenhemd überstreifen, einen Helm aufsetzten, Schild und Schwert in die Hand nehmen und sich mit Kriegsgebrüll ins Schlachtengetümmel stürzen – natürlich unter Anleitung und Aufsicht der Wikinger.
Besucher, die einen Blick in die Zukunft werfen wollen, können sich von der Völva, der Schamanin des Dorfes, die Runen lesen lassen. Sie betet die nordischen Götter wie Thor und Odin an und verrät den Gästen ihr Schicksal. Blutrünstige Barbaren? Wer einen Tag im Wikingerdorf in Ribe verbringt, der weiß: die so gefürchteten Nordmänner hatten auch einen weichen Kern.
Was es an der Westküste noch zu entdecken gibt
Zurück in der Gegenwart? Urlaubs-Tipps für alle, die genug von der Geschichte der Wikinger haben:
Ruhe auf Rømø: Die Wattenmeerinsel, die nur wenige Kilometer nördlich von Sylt liegt, lädt mit ihrem kilometerlangen Sandstrand und Dünen zum Wandern, Reiten oder einfach nur zu einem gemütlichen Spaziergang am Wasser ein. Der Strand von Rømø ist der breiteste Nordeuropas. Wer will, kann ihn sogar mit dem Auto befahren. Große Teile der Sandmassen, die die Westküste immer weiter wachsen lassen, stammen von der schrumpfenden deutschen Nachbarinsel. Die Fahrt von Ribe nach Rømø mit dem Auto dauert etwa 40 Minuten.
Wandern im Watt: Nur wenige Kilometer vor Ribe erstreckt sich der Nationalpark Wattenmeer. Unter Begleitung eines Naturführers lässt sich die vielfältige Fauna des Unesco-Weltnaturerbes erkunden. Im Watt wimmelt es nur so vor Strandkrabben, Wattwürmern, Garnelen oder kleinen und großen Krebsen. Auch Vogelbeobachtungen und Robbensafaris werden angeboten.
Lamm-Festival: Ein Drei-Gänge-Menü mitten im Feld neben einem Fluss? Dazu laden jedes Jahr in den ersten beiden Juniwochen Landwirte und Köche der Region um Varde (etwa 40 Autominuten nördlich von Ribe) ein. Tausende von Lämmern und Schafe tummeln sich auf den riesigen Weideflächen am Wattenmeer – und mittendrin bereiten die Gourmets ein regionales und ökologisches Menü mit Lammfleisch, verschiedenen Gemüsesorten, Kartoffeln, lokalem Bier und vielen anderen Köstlichkeiten vor.
Reise-Infos
Ribe, die älteste Stadt Dänemarks
Anreise: Von München aus fliegen mehrere Airlines (mit Zwischenstopps) nach Billund. Kosten: ab 135 €. Von dort weiter mit dem Mietauto (knapp eine Stunde Fahrzeit).
Unterkunft: Etwa in einem Ferienhaus in Ribe-Byferie, Tel.: +45 79 88 79 88, www.ribe-byferie.dk, rund 100 € pro Person pro Nacht (je nach Reisezeit).
Währung: Dänische Krone, Kreditkarten werden nahezu überall akzeptiert.
Essen gehen: Regionale Spezialitäten gibt’s im Restaurant Weis Stue, einem der ältesten Gasthöfe Dänemarks, im Zentrum von Ribe.
Sehenswertes: Der historische Stadtkern mit Fachwerkhäusern, dem Dom und dem Bürgerturm oder das Wikinger-Museum.
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