Das Tauziehen vor dem Urlaub
Wollen mehrere Kollegen gleichzeitig in die Ferien, gibt es Regeln, wer Vorrang hat. Und zwar im Bundesurlaubsgesetz.
MÜNCHEN Bald geht’s in den Sommerurlaub – doch vor dem Reisefieber kommt oft das Tauziehen im Betrieb. Kollege Müller mag mit den Kindern vier Wochen im August in die Türkei, aber Kollegin Maier hat den Frühbucher-Rabatt genutzt und ist in der gleichen Zeitweg – solche Interessenskonflikte stellen die Solidarität im Team auf eine harte Probe. Oft bleibt nur noch der Blick ins – ja, das gibt es wirklich! – Bundesurlaubsgesetz.
Klare Kriterien ähnlich wie beim Sozialplan. Die Regeln sind klar, erklärt der Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte: Bekommt ein Chef mehrere Urlaubswünsche für die gleiche Zeit auf den Tisch, muss er – ähnlich wie bei einem Sozialplan – nach sozialen Gesichtspunkten abwägen. Entscheidend sind unter anderem Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Anzahl der Kinder sowie deren Schulpflicht.
Der alleinstehende Mitarbeiter müsste also zurückstecken, wenn die zweifache Mutter aus der gleichen Abteilung partout in derselbenWoche in die Ferien gehen will. Darüber streiten lohnt nicht: Gegen Eltern mit schulpflichtigen Kindern haben Singles ohne Anhang so gut wie keine Chance – noch dazu, wenn sie recht neu im Betrieb sind. Altgediente Betriebsangehörige haben grundsätzlich die Nase vorn, wenn sie ihren Urlaubsantrag einreichen.
Alter und Erholungsbedürftigkeit ausschlaggebend. Geht es bei gleichberechtigten Kollegen – jeweils mit Nachwuchs – um dieselbe Urlaubszeit, muss der Chef klären: Für welchen Mitarbeiter handelt es sich um den ersten Urlaub dieses Jahres, für wen schon um den zweiten oder sogar dritten?
Geraten sich langjährige Kollegen mit ihren Wünschen ins Gehege, sind nicht allein die Jahre im Job entscheidend. Zu berücksichtigen sind auch das Alter und die Erholungsbedürftigkeit des Mitarbeiters. Ist der Chef nicht in der Lage, den Streit zu schlichten, kann der Betriebsrat eingeschaltet werden. Oft ist ein rotierendes System die Lösung: Verreist Mitarbeiter Amit seiner Familie in der ersten Hälfte der Sommerferien, fährt Frau B in der zweiten – im Jahr darauf wird getauscht.
Wer einfach geht, riskiert die Kündigung. Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitgeber den Urlaubswunsch eines Arbeitnehmers nicht einfach ablehnen darf. Die Ausnahmen: wenn die Belange eines Kollegen Vorrang haben oder dringende betriebliche Angelegenheiten dagegen sprechen. Dazu gehört, dass der Krankenstand in der Firma dramatisch hoch ist, Stellen nicht besetzt werden können, ein Auftrag viel Arbeit bringt oder branchenbedingt Hochkonjunktur herrscht.
Auch wenn jedem Arbeitnehmer Urlaub gesetzlich zusteht: Die freie Zeit muss in jedem Fall vom Chef gewährt werden. Niemand darf sich die Auszeit einfach nehmen. Das Eintragen in eine Urlaubsliste allein genügt nicht. Geht ein Mitarbeiter eigenmächtig in die Ferien, ohne dass der Arbeitgeber zuvor ausdrücklich zustimmte, riskiert er die fristlose Kündigung.
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