Abkühlen am Gletscher

Eine verlockende Idee: wenn's im Flachland zu heiß wird, einfach 2500 Meter höher zu fahren, ins ewige Eis. Wir haben es in Hintertux ausprobiert.
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Wanderer auf dem Gletscher, Foto: H.W. Rodrian
srt 2 Wanderer auf dem Gletscher, Foto: H.W. Rodrian
Wandergruppe im Tal, Foto: H.W. Rodrian
srt 2 Wandergruppe im Tal, Foto: H.W. Rodrian

Hintertux - Eine verlockende Idee: wenn's im Flachland zu heiß wird, einfach 2500 Meter höher zu fahren, ins ewige Eis. Wir haben es in Hintertux ausprobiert.

Eisblau schimmert die Gletscherspalte über mir. Glatt wie geschliffener Marmor türmen sich ihre glasigen Wände auf, verschwinden nach oben im Halbdunkel. Aber hier unten auf dem Gletscherboden ist es erstaunlich hell: Eiszapfen funkeln, Eisgebilde leuchten geheimnisvoll.

Es ist ein verzauberter Weg, der da über Metalltreppen und -leitern durch den Gletscherbauch führt und meinetwegen die zeitgeistige Illumination in bunten Farben gar nicht bräuchte. Von der Hintertuxer Bergbahn etwas unpassend als "Natureispalast" vermarktet, fasziniert doch vor allem der Blick ins Innere eines Gletschers.

Einfach himmlische, diese seidige Luft

Oben auf der verschneiten Oberfläche kurven derweil die Unentwegten: Snowboarder und Skifahrer, die es auch im Sommer nicht lassen können. Aber der Großteil der Gäste am Gletscher hat heute nichts mit Carving im Sinn, sondern er sucht nur eines: Abkühlung.

Wie wir. Als der Wetterbericht vergangenes Wochenende Sahara-Temperaturen um 35 Grad ankündigte, packten wir unsere Sachen und fuhren los: hoch in die Berge. Hundert Höhenmeter machen ein Grad Temperaturunterschied aus, sagt eine Faustregel.

Und tatsächlich, als das arme Auto die tausend Meter von der Talsohle des Zillertals hinauf zum Hoteldorf Hintertux auf 1500 Meter geschafft hat, ist auch das Thermometer um acht Grad gesunken. Einfach himmlisch, diese seidige Luft!

In den Hotels herrscht heute Wohlbefinden

Die Hotels im Talschluss haben sich längst auf solche Wünsche eingestellt. Wo früher karge Sportlerherbergen Bergsteigern und Skienthusiasten wenig mehr boten als Bett und Verpflegung, da herrscht heute Wohlbefinden. Frieda Klausner und ihr Mann Martin zum Beispiel haben gerade ihr Traditionshotel umgebaut zum "neuen Klausnerhof" - mit grüner Dachterrasse, Schwimmbad und Whirlpool unter freiem Himmel. Statt Skiwasser und Bergsteigertee bestellen sich die Gäste auf der Veranda mit Blick aufs Dorfkircherl Latte Macchiato und Aperol Sprizz. Danach schlafen sie gut bei offenem Fenster in der frischen Bergluft.

Dieses Licht! Es hat schon was ganz Eigenes, morgens aufzuwachen und von draußen glitzert der Gletscher ins Hotelzimmer. Im Ort ist praktisch jedes verfügbare Zimmer exakt darauf ausgerichtet. Klar, dass es dem Frühstück natürlich nur eins gibt: hinauf ins Eis!

Ins nostalgische Freibad fließt das Wasser 19 Grad kühl

Wir schnüren die Wanderschuhe und würdigen den kostenlosen Dorfbus keines Blicks. Viel schöner ist doch die kurze Strecke entlang des quirligen Tuxbachs zur Bergbahn. Vorbei geht's an einem schattigen Kinderspielplatz und an Europas höchstgelegener Thermalquelle. Wer schon beim Gedanken daran ins Schwitzen kommt, der sei beruhigt: In das nostalgische Freischwimmbad mit den lustigen gelben Liegestühlen fließt das Thermalwasser frische 19 Grad kühl.

An der Talstation der Seilbahn macht die elektronische Anzeigetafel kühle Lust auf drei Etagen: Für die erste Zwischenstation auf 2100 Meter meldet sie 22 Grad, an der zweiten noch 16 und ganz oben auf 3250 Meter gerade mal zwölf Grad im Schatten.

Schatten gibt's da zwar keinen, aber das macht nichts. Längst haben die Kinder den "Gletscherflohpark" mit Schneekarussell und Schneeschlauchrutschbahn entdeckt, während die Großen den halbstündigen Abstieg in die Gletscherspalte wagen. Und wenn sie dann noch ganz benommen von der glitzernden Eiszapfenwelt zurückkommen, dann ist der perfekte Zeitpunkt, Papa und Mama mit einem frisch geformten Sommer-Schneeball zu überraschen. Hmmm, das erfrischt!

Hans-Werner Rodrian

Weitere Informationen

Der Hintertuxer Gletscher wirbt damit, der einzige Ganzjahresgletscher Österreichs zu sein. Die Auffahrt ist das ganze Jahr über möglich. Eine Berg- und Talfahrt kostet für Erwachsene 27 Euro, für Kinder (geboren nach dem 1.1.1995) 18.50 Euro. Kinder bis zehn Jahre haben in Begleitung der Eltern freie Fahrt. Die Führung durch den Natureispalast kostet für Erwachsene acht Euro, für Kinder ab 8 Jahren vier Euro. Tel., 0043/5287/8510, www.hintertuxergletscher.at. Unterkunft: Eine Übernachtung im Viersternhotel Klausnerhof kostet von Juli bis Ende Oktober je nach Zimmertyp 77 bis 113 Euro, inkludiert sind Halbpension, Nachmittagssnack, Kinderbetreuung und einiges mehr. Kinder bis 14 Jahre übernachten im Zimmer der Eltern kostenlos. Tel. 0043/5287/8588, www.klausnerhof.at

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