Acht Tipps für Ihr Gleichgewicht

Man muss als Yogi nicht unbedingt auf die Matte gehen, um Entspannung zu finden. Sondern das geht auch im Alltag, quasi zwischendurch. Hier finden Sie eine Anleitung dafür.
von  Stephanie Schönberger
Im siebten und letzten Teil unserer Serie Yoga für alle geht es um Übungen für jede Gelegenheit.
Im siebten und letzten Teil unserer Serie Yoga für alle geht es um Übungen für jede Gelegenheit. © Imago

Das letzte "Om" ist gesungen, die Matte eingerollt, das Yoga-Outfit abgestreift – und dann geht es wieder hinaus in den Alltag, vor dem man sich gerade eine Stunde oder etwas mehr Auszeit gegönnt hat.

Richtig spannend wird Yoga eigentlich erst jetzt. Nämlich dann, wenn sich das Hamsterrad wieder zu drehen beginnt, der Partner nörgelt, die Kinder nicht folgen, die oder der Vorgesetzte cholerisch re(a)giert, die Kollegen lästern und tratschen, der Stress wieder so groß wird, dass der Blutdruck bedenklich steigt, die Bandscheiben vorzufallen drohen und der Tinnitus so lautstark pfeift, dass alle Entspannung, die man auf der Matte hoffentlich erfahren hat, wieder dahin ist.

Was also tun, um nicht aus dem Gleichgewicht zu kippen? Man kann ja schließlich nicht alle zehn Minuten die Matte ausrollen oder sich auf den Kopf stellen, damit die Welt wieder anders, friedlicher aussieht. Muss man zum Glück auch gar nicht. Wir nennen Ihnen acht Ideen aus der Yoga-Philosophie, die Ihnen helfen können, im Alltag gelassener und entspannter zu sein.

1. Schenken Sie sich Aufmerksamkeit

Das Schöne am Yoga ist, dass Sie sich intensiv um sich kümmern dürfen – ohne dabei allerdings zum Narzissten oder Egomanen zu mutieren. Es geht darum, eine Ahnung zu bekommen, wie es Ihrem Körper geht, was Ihr Energiehaushalt, Ihre Gefühle, Emotionen, Ihre Psyche, Ihre Gedanken und Ihr Verstand gerade machen. Es geht darum, sich zu fragen: "Wie geht es mir eigentlich in diesem Moment?" Im Yoga nennt man das svadhyaya, das Selbststudium. Es kann Ihnen zeigen, wo die Harmonie gestört ist und wo Dysbalancen vorhanden sind. Und die können Sie dann auszugleichen beginnen. Vielleicht durch eine veränderte Sitzhaltung, ein paar kleine Dehn- und Streckübungen, durch etwas frische Luft, generell mehr Schlaf, eine gesündere Ernährung. Ein Bodyscan ist zudem wie eine kurze Meditation – und die ist, erwiesenermaßen, extrem heilsam für das ganze System.

2. Eine Frage der inneren Haltung

Wie möchten Sie durch den Tag gehen? Freundlich? Gelassen? Mitfühlend? Liebevoll? Entspannt? Niemanden verletzend? Ehrlich? Verzeihend? Rücksichtsvoll? Horchen Sie in sich hinein, am besten noch, bevor Sie aufstehen oder einen ersten bewussten Kontakt mit Ihren Mitmenschen haben.

Welcher Wunsch, welche Idee entsteht in Ihnen? Formulieren Sie diese Ausrichtung für sich. Die Yogis nennen die innere Haltung Bhavana. Rufen Sie sich in unruhigen, gereizten, turbulenten Momenten des Alltags Ihre innere Haltung immer wieder in Erinnerung. Sie kann Halt, Anker und Leuchtturm sein.

3. Atmen Sie erstmal aus

Die Yogis sagen, eine vollständige Ausatmung befreit von mentalem Druck. Versuchen Sie, in stressigen Momenten gut auszuatmen, um dann ganz ruhig wieder einzuatmen. Wiederholen Sie so oft, bis Ihr Atem ruhig und gleichmäßig fließt und Sie sich wieder beruhigt haben. Übrigens: Je ruhiger der Atem, desto ruhiger der Geist. Je unruhiger der Geist, desto stockender fließt Ihr Atem.

4. Vermeiden Sie Gewalt

Ahmisa, so das Sanskritwort, das Abwesenheit von Gewalt bedeutet, empfehlen die Yogis. Klingt einfach? Zur Gewalt im Verständnis der Yogis gehören aber neben den tatsächlich körperlichen Handlungen auch die negativen Gedanken, die man über andere (und sich selbst) hat, die unfreundlichen Worte, die man sagt, die Unwahrheiten und Gerüchte, die man über andere verbreitet, der wütende, verächtliche Gesichtsausdruck, mit dem man anderen begegnet. Auch der Diebstahl von Besitz, Zeit, Anerkennung und geistigem Eigentum.

Die Yogis empfehlen Ahimsa übrigens auch deshalb, weil jede Gewalt immer auch einen Abdruck, eine Narbe auf der eigenen Seele und Psyche hinterlässt.

5. Schaffen Sie Karma-Bewusstsein

Was wir tun, hat eine Wirkung. Dieses Handeln und das Ergebnis dieses Handelns nennt man im Yoga Karma. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass alles, was Sie sagen oder tun, eine Auswirkung haben wird – so wie der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings einen Orkan auslösen kann. Wenn Sie sich nicht sicher sind, was Ihr Handeln beim Gegenüber bewirken könnte, dann versetzen Sie sich einfach mal in Ihr Gegenüber hinein. Im Yoga nennt man das auch Karuna, Mitgefühl.

6. Denken Sie an etwas Schönes

Wenn die Emotionen hochkochen oder die Gedanken, aus welchen Gründen auch immer, verrücktspielen, empfiehlt der Yoga, sich abzulenken und an etwas zu denken, das Ihnen Freude bereitet. Das kann ein Mensch sein, ein Tier, die Erinnerung an einen schönen Urlaub, ein Musikstück oder auch ein Buch.

7. Bewahren Sie Gleichmut

"Dein Zirkus, dein Affe", lautet ein Sprichwort. Was damit gemeint ist? Das Drama von anderen nicht zum eigenen zu machen. Wenn sich die Vorgesetzten, die Nachbarn oder andere Mitmenschen unerklärlich verhalten, dann kann die Erinnerung daran, dass gerade deren Affen mit Ihnen durchgehen und man selbst mit all dem tatsächlich nichts zu tun hat, sehr beruhigend wirken. Die Yogis nennen das Gleichmut bewahren, der aber nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln ist.

8. Machen Sie Pausen

Nehmen Sie sich immer wieder kleine Auszeiten, in denen Sie beispielsweise für zehn Atemzüge Ihren Atem beobachten. Oder versuchen Sie, fünf unterschiedliche Geräusche zu hören. Oder versuchen Sie, drei, vier Minuten lang alle Bewegungen Ihres Körpers wahrzunehmen. Dadurch bleiben Sie ganz präsent im Augenblick, was einem meditativen Zustand gleichkommen kann. Und Meditation ist, wie oben schon erwähnt, sehr erfrischend für das ganze System.

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