Ungestillter Hunger in München

Auf der Suche nach einem Haus oder einer Wohnung in München brauchen Immobilien- käufer trotz der hohen Preise viel Geduld
MÜNCHEN Niedrige Bauzgeldzinsen, der wirtschaftliche Aufschwung, Inflationsangst und jede Menge neuer Einwohner – diese Mischung lässt vielerorts in Bayern die Nachfrage nach Immobilien kräftig nach oben schnellen. Vor allem in Ballungszentren wie München bleibt der Immobilienhunger oft ungestillt, weil der Markt relativ leer ist. „Hier gibt es mittlerweile das Problem, dass Makler Interessenten keine Angebote mehr machen können, weil die Nachfrage so groß ist und keine geeigneten Objekte zur Verfügung stehen“, sagt Joachim Klein von der Landesbausparkasse Bayern (LBS). Um überhaupt noch Immobilien zu finden, wirbt eine Maklerin in München bereits mit einer Prämie von 1000 Euro für die Vermittlung eines Kontakts zu Immobilienverkäufern. Schon seit den Erschütterungen an den Finanzmärkten im Jahr 2008 sind Immobilien gefragt wie seit langem nicht mehr. „Es besteht nach wie vor ein großes Vertrauen in Sachwerte. Viele Kapitalanleger suchen nach krisensicheren und wertstabilen Anlagen wie Immobilien“, sagt Klein. Oberbürgermeister Christian Ude rechnet auch in Zukunft mit einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum in der bayerischen Landeshauptstadt. „Nach der Prognose des städtischen Planungsreferats ist bis 2020 ein Zuwachs von 65000 Neubürgern zu erwarten“, schrieb er in einem Beitrag zu einem Immobilienkongress in dieser Woche in München. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf von rund 40 000 Wohnungen.
Eine Entspannung ist laut Experten nicht in Sicht. Das auf Immobilien spezialisierte Marktforschungsinstitut Bulwien Gesa rechnet damit, dass vor allem Käufer von Neubaueigentumswohnungen und Mieter in diesem Jahr tiefer in die Tasche greifen müssen. „2010 gab es Steigerungsraten, das ist auch in diesem Jahr zu erwarten“, sagte Heike Piasecki, Leiterin der Münchner Niederlassung von Bulwien Gesa. Diesen Trend bestätigt auch ein im November erschienener Bericht der HypoVereinsbank (HVB).
Besonders begehrt sind große Wohnungen oder Häuser. In Städten wie in ländlichen Regionen zeigt sich dieser Trend, so Michael Kiefer von dem Online-Portal Immobilienscout 24. „Drei- bis Vier-Zimmerwohnungen sind besonders beliebt. Kleinere Apartments werden dagegen als Kapitalanlage vor allem in Universitätsstädten heiß gehandelt.“ Doch längst nicht jeder Käufer findet, was er sucht. Viele sindgerade in München auf Wohnungen in Neubauten fixiert, weichen aber aufgrund der begrenzten Zahl und hoher Preise auf gebrauchte Wohnungen aus, so Kiefer.
Innerhalb Bayerns nimmt München mit Wohnungspreisen von meist mehr als 3000 Euro pro Quadratmeter einen Spitzenplatz ein. Sowohl in ganz Deutschland als auch innnerhalb Bayerns sehen Fachleute ein Nord-Süd-Gefälle. „Je südlicher man auf der Landkarte geht, desto höher ist die Immobilien-Nachfrage“, sagt Klein von der LBS. Daneben konzentriert sich der Markt auf andere Zentren wie Nürnberg oder Regensburg. Zugleich gibt es laut Bulwien Gesa zunehmend „Entleerungsräume“, wie nördliche Regionen Bayerns oder der Bayerische Wald, in denen sich die Zahl der Einwohner verringert und die Wirtschaftskraft nachlässt.
Aber nicht nur Privatimmobilien in Bayern sind gefragt. Auch als Standort für Gewerbeimmobilien wird der Freistaat für ausländische Firmen zunehmend attraktiver. Bei Büroflächen ist nach Analysen von Bulwien Gesa wieder deutlich mehr Nachfrage zu verzeichnen. Auf Verkaufsseite sind im vergangenen Jahr Konzerne wie die Allianz wieder verstärkt im Immobilienbereich tätig geworden. „Die anhaltend gute Stimmung in der Wirtschaft sorgte im letzten Halbjahr in Bayern für steigende Nachfrage auf dem Gewerbemarkt“, sagte Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland in Bayern. „Als Folge dieser Entwicklung konnten im Bayern-Trend bei fast allen Objekttypen anziehende Preise festgestellt werden.“