Raus aus dem Haus!?

Wer als Immobilienbesitzer im Ruhestand mehr Geld braucht, kann eine Rückwärtshypothek abschließen - doch Angebote gibt es wenige
von  Abendzeitung
Der Hausbesitzer lässt seine Immobilie beleihen und erhält dafür ein Darlehen, das entweder als regelmäßige Rente oder auf einen Schlag ausbezahlt wird
Der Hausbesitzer lässt seine Immobilie beleihen und erhält dafür ein Darlehen, das entweder als regelmäßige Rente oder auf einen Schlag ausbezahlt wird © dpa

Wer als Immobilienbesitzer im Ruhestand mehr Geld braucht, kann eine Rückwärtshypothek abschließen - doch Angebote gibt es wenige

MANNHEIM Obwohl sie mietfrei wohnen, müssen sich viele Immobilienbesitzer im Ruhestand einschränken. Denn auf viele kommen nach dem Eintritt in die Rente zusätzliche Kosten zu – sei es für einen Pflegedienst oder den altersgerechten Umbau der Immobilie. Und mancher will sich schlicht die langersehnte Kreuzfahrt leisten. Dazu kommt, dass vielen Paaren das Haus zu groß wird, wenn die Kinder auf eigenen Beinen stehen. Bei diesem Bedürfnis setzen sogenannte Rückwärtshypotheken an. Mit ihnen lässt sich das Haus wieder zu Geld zu machen, ohne dass die Eigentümer ausziehen müssten. Solche Angebote sind hierzulande allerdings weiter rar.

„Für Rückwärtshypotheken gibt es ein großes Potenzial auch in Deutschland. Bei immer mehr älteren Menschen reicht die Rente nicht mehr aus, um die finanziellen Verpflichtungen zu bestreiten“, sagt Gunnar Lang, Experte für Finanzmanagement beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. „Gleichzeitig wächst die Gruppe der Menschen, die keine Erben haben oder deren Erben kein Interesse am Haus der Eltern haben.“ Diesen Trend bestätigt eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des „Umkehrhypothek“-Anbieters Immokasse.

Demnach müssen sich 32 Prozent der älteren Immobilienbesitzer einschränken, oder sie kämpfen sogar mit finanziellen Sorgen. Arno Gottschalk, Experte für Baufinanzierungen bei der Verbraucherzentrale Bremen, ist allerdings skeptisch, was solche Ergebnisse anbelangt: „Es ist bislang schwer einschätzbar, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist.“ Rückwärtshypotheken funktionieren so: Der Hausbesitzer lässt seine Immobilie beleihen und erhält dafür ein Darlehen, das entweder als regelmäßige Rente oder auf einen Schlag ausbezahlt wird. Gleichzeitig darf er im eigenen Haus wohnen bleiben. Zu Lebzeiten fallen keine Zins- und Tilgungszahlungen an. Die Rückzahlung des Darlehens wird erst dann fällig, wenn der Hausbesitzer stirbt oder aus dem Haus auszieht. Und nur wenn die Besitzer oder ihre Erben den Kredit nicht zurückzahlen können, geht das Haus in das Eigentum der Bank über.

Trotz des offensichtlichen Bedarfs gibt es hierzulande – anders als in den USA oder im europäischen Ausland – bislang kaum Anbieter.

Als erster trat das Unternehmen Immokasse auf den Markt, die die Umkehrhypothek zusammen mit der Deutschen Kreditbank anbietet.

   Die Stiftung Warentest in Berlin hat die ersten Produkte zur Immobilienrente für ihre Zeitschrift „Finanztest“ durchgerechnet (Ausgabe 11/2009) und ein überwiegend negatives Fazit gezogen. Es könne wirtschaftlich sinnvoller sein, das Haus zu verkaufen und anschließend in eine Mietwohnung zu ziehen, wenn man Liquiditätsbedarf hat, wie Lang erklärt: „Aber man darf natürlich die emotionale Komponente nicht unterschätzen. Viele ältere Menschen wollen so lange es geht in dem Haus wohnen bleiben, in dem sie einen großen Teil ihres Lebens verbracht haben.“    Experten raten bei den wenigen Angeboten, die derzeit auf dem Markt sind, allerdings noch zur Zurückhaltung: Wer nicht unter Druck steht, sollte eher abwarten. Lang glaubt, dass sich die Konditionen verbessern werden, wenn der Markt breiter wird.

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