Protokoll vermeidet Streit

Was bei der Übergabe einer neuen Wohnung wichtig ist – damit es hinterher keinen Ärger wegen Mängeln gibt
MÜNCHEN Ein Kratzer im Parkett, ein Sprung im Waschbecken, die Heizung funktioniert nicht – spätestens beim Auszug können kleine Mängel in der jeweiligen Wohnung zum großen Streit zwischen dem Mieter und seinem Vermieter führen. Wer rechtlichen Auseinandersetzungen vorbeugen will, sollte daher beim Ein- und Auszug die Wohnungsübergabe schiftlich genau protokollieren. „Es gibt in Deutschland zwar keinerlei Formvorschriften für die Übergabe einer Wohnung, doch ein Mieter sollte am besten direkt schon beim Einzug alle Mängel der Wohnung in ein Protokoll aufnehmen, um spätere Vorwürfe, er habe die Wohnung beschädigt, zu vermeiden”, empfiehlt Sylvia Sonnemannn Geschäftsführerin vom Verein Mieter helfen Mietern.
Sinn macht ein solches Übergabeprotokoll in der Praxis allerdings nur, wenn es auch wirklich sorgfältig angefertigt wird. „Wer als Mieter unterschreibt, dass die Wohnung in Ordnung ist und dabei nicht aufnehmen lässt, dass zum Beispiel die Scheibe in der Küchentür schon einen Sprung hat, muss dann beim Auszug beweisen, dass der Sprung schon vorher da war.” Ein schnell unterschriebenes Übergabeprotokoll kann in so einem Fall rasch zum Boomerang für den betroffenen Mieter werden. Expertin Sylvia Sonnemann empfiehlt daher, sich bei der Übernahme der Wohnung unbedingt etwas mehr Zeit zu nehmen, und sämtliche Mängel in das Protokoll aufzunehmen, auch wenn die Umzugshelfer schon ungeduldig warten und mit dem Möbelschleppen sofort beginnen möchten.
Auch Gerold Happ, Referent für Mietrecht beim Eigentümerverband Haus & Grund, rät in jedem Fall, beim Ein- und Auszug ein schriftliches Protokoll in doppelter Ausfertigung zu erstellen, das im Anschluss von beiden Seiten, dem Mieter und dem Vermieter, unterschrieben wird.
Oft hält der Vermieter ein Standardformular für ein solches Protokoll bereit. Doch darüber hinaus sollten Mieter auch alles andere ergänzen, was sie „als nicht normal empfinden oder was beim Auszug zu Streit führen kann”.
Praktische Beispiele für solche Streitpunkte sind laut Happ zum Beispiel diverse Kratzer im Parkett, abblätternde Wandfarbe in manchen Zimmern, sich lösende Tapeten, größere Bohrlöcher und etwaige Schäden an Fliesen. Auch fehlerhafte Lichtschalter, schwergängige Fenstergriffe, fehlende Türen oder defekte Spiegel und Armaturen gehören in ein solches Wohnungsübergabe-Protokoll. Zudem sollten die Zählerstände von Wasserzählern oder Gasuhren sowie die Anzahl von Schlüsseln, die übergeben wurden, genauestens notiert werden. Wer den Zustand der Wohnung zusätzlich mit Fotos dokumentieren möchte, sollte diese am besten sofort elektronisch versenden, damit er einen konkreten Nachweis darüber hat, wann die Aufnahmen gemacht wurden.
Sollten trotz sorgfältigster Inspektion erst nach dem Einzug weitere Mängel entdeckt werden, müssen diese dem Vermieter umgehend angezeigt werden. Normalerweise haben Mieter dadurch keinen Nachteil, betont der deutsche Mieterbund (DMB). Etwas anderes gilt allerdings, wenn man erst nach einem Dreivierteljahr plötzlich reklamiert, dass die Fliesen im Bad schon beim Einzug kaputt gewesen sind.
Für das Übergabeprotokoll beim Auszug gilt nach Meinung der Mietrechtsexperten exakt dasselbe wie für das beim Einzug. Denn die Frage, in welchem Umfang beim Auszug aus einer Wohnung Schönheitsreparaturen fällig werden, ist nicht nur eine rechtliche Frage, sondern auch eine Frage des tatsächlichen Zustandes der Wohnung.
„Immer wieder erleben Mieter böse Überraschungen, wenn sie beim Auszug dem Vermieter einfach die Schlüssel zurückgeben”, erklärt DMB-Sprecher Ulrich Ropertz. Beispielsweise erhalten Mieter häufig erst Wochen nach dem Auszug aus der jeweiligen Wohnung eine schriftliche Aufforderung des Vermieters, bestimmte Arbeiten in der Wohnung noch zu erledigen - egal, ob es sich um einen Sprung in der Fensterscheibe oder eine defekte Badewanne handelt oder Schäden am Fußboden.
Die Frage, wer den Schaden verursacht hat, lässt sich in einer solchen Situation kaum mehr nachweisen: War der Schaden schon beim Einzug vorhanden? Wurde er durch den Mieter verursacht? Oder haben etwa Handwerker oder der Nachmieter die Wohnung beschädigt? Ein Übergabeprotokoll hilft auch hier, alles genau zu belgen und dadurch möglichen Ärger von Vornherein zu vermeiden.
Neben allgemeinen Mängeln sollten im Übergabeprotokoll bei der Rückgabe der Mietwohnung auch erneut Zählerstände sowie der generelle Zustand der Wohnung dokumentiert werden. So etwa, dass die Wohnung besenrein, also „leer geräumt und gereinigt übergeben wurde”, sagt Happ.
Weigert sich der Vermieter, an einem solchen Übergabeprotokoll mitzuwirken oder wird der Schlüssel lediglich bei der Hausverwaltung abgegeben beziehungsweise direkt an einen Nachmieter übergeben, empfiehlt der Mieterbund ein Übergabeprotokoll mit einem Zeugen anzufertigen. Dieser Zeuge dürfe zwar grundsätzlich der Partner sein, allerdings nur, wenn dieser nicht Mitmieter der Wohnung war.