Neue Wohnformen nötig

Expertenrunde sieht angesichts des demographischen Wandels dringendenHandlungsbedarf. GEWOFAG investiert in neue Standorte für „Wohnen im Viertel“
von  Abendzeitung
Wohnen in München: Die Angebote müssen angesichts der sich ändernden Altersstrukturen überdacht werden.
Wohnen in München: Die Angebote müssen angesichts der sich ändernden Altersstrukturen überdacht werden. © Martha Schlüter

Expertenrunde sieht angesichts des demographischen Wandels dringendenHandlungsbedarf. GEWOFAG investiert in neue Standorte für „Wohnen im Viertel“

MÜNCHEN München braucht angesichts des sich abzeichnenden demographischen Wandels dringend mehr altengerechte Wohnungen sowie alternative Angebote für betreutes Wohnen. Dies war das einhellige Fazit einer Expertenrunde, zu der die GEWOFAG eingeladen hatte. „Das Engagement der Wohnungswirtschaft ist bislang noch ungenügend“, erklärte Maria Knauer, kaufmännische Geschäftsführerin der GEWOFAG.

Zugleich kündigte sie an, dass die GEWOFAG in den kommenden Jahren insgesamt 10 Millionen Euro in den Ausbau des innovativen Konzepts „Wohnen im Viertel“ investieren werde. Zu den bereits bestehenden Einrichtungen am Innsbrucker Ring und in der Rotbuchenstraße in Harlaching sollen insgesamt 13 weitere errichtet werden. Drei dieser zusätzlichen Standorte in Neuhausen, Riem und Giesing befinden sich bereits in der Planung.

An dem Expertenhearing nahmen neben Maria Knauer der Trendforscher und Autor Professor Peter Wippermann, Leiter des Trendbüros in Essen, Sonja Hohmann, Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBFK) Bayern – Mitteldeutschland und David Stoll, Leiter der Stabstelle Planung des Amts für Soziale Sicherung in München teil.

Nach Ansicht Wippermanns wird München vom demographischen Wandel weniger stark betroffen sein als andere Großstädte in Deutschland, allerdings ergeben sich aus der besonderen Attraktivität der Stadt auch spezielle Probleme. „Städte wie München werden Zufluchtsorte für gut verdienende Jüngere, die dann die Älteren verdrängen“, so Wippermann. Da sich der Staat aufgrund der schlechten Finanzlage zunehmend aus der sozialen Versorgung zurückziehe, würden ältere Menschen dann in Umlandgemeinden und günstigere Wohnlagen verdrängt, prognostiziert der Trendforscher.

Dieser Entwicklung will die GEWOFAG entgegenwirken. „Die sozialen Strukturen, die helfen könnten, die demographische Entwicklung aufzufangen, verschwinden mehr und mehr“, so Maria Knauer, „wir brauchen deshalb ganz dringend neue Angebote durch die Wohnungswirtschaft und einen neue Wohnkultur für Senioren.“ Sorgen bereitet ihr insbesondere der Wohnungsbestand in München. Nach Einschätzung der Experten lassen sich viele Wohnungen nicht altengerecht umbauen.

Die GEWOFAG, Vermieterin und Verwalterin von rund 34000 Wohnungen in München, sieht sich in der Pflicht, ihr Angebot an seniorengerechten Wohnungen und speziellen Pflegemodellen in den kommenden Jahren konsequent auszubauen. „Aufgrund unserer Mietstruktur und unseren besonderen sozialen Verantwortung ist ,Wohnen im Alter’ für uns eines der zentralen Zukunftsthemen“, so Knauer. Das Durchschnittsalter der GEWOFAG-Mieter liegt schon heute bei weit über 50 Jahren. Mehr als 30 Prozent sind über 60 Jahre alt.

Der demographische Wandel hin zu einer alternden Gesellschaft stellt nicht nur die Sozialsysteme der Bundesrepublik vor große Herausforderungen, sondern auch die Wohnungswirtschaft. Im Jahr 2030 werden laut der Bundesstatistik die über 65-Jährigen mit 37 Prozent (heute 26 Prozent) die größte Altersgruppe bilden. Der Anteil der Pflegebedürftigen wird dann voraussichtlich 3,3 Millionen Bürger betragen, das entspricht vier Prozent der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig steigt die Single-Quote. In Großstädten liegt diese bereits bei 45 Prozent, in München bei mehr als 50 Prozent.

„Wohnkonzepte für alte Menschen müssen diesen Entwicklungen Rechnung tragen und Angebote machen, die es Senioren ermöglichen, in ihrer gewohnten Umgebung alt zu werden und weiter am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, erklärt Maria Knauer, „dies ist aber gerade in München bislang kaum der Fall.“

So soll das innovative Konzept „Wohnen im Viertel“, das die GEWOFAG in den vergangenen beiden Jahren mit großem Erfolg am Innsbrucker Ring und in der Rotbuchenstraße etablieren konnte, innerhalb der nächsten zehn Jahre um weitere 13 auf dann insgesamt 15 Quartiere ausgeweitet werden. Dafür steht ein Investitionsvolumen von rund 10 Millionen Euro zur Verfügung. In Vorbereitung für 2011 sind Quartiere in Neuhausen, Riem und Giesing.

Gemeinsam mit der Landeshauptstadt München realisiert die GEWOFAG das Modell „Wohnen im Viertel“, das barriere- und schwellenfreien Wohnraum mit optionalen Pflegeangeboten durch ambulante Dienste und ehrenamtliche Helfer kombiniert. Die Leistungen des ambulanten Dienstes stehen grundsätzlich allen Bewohnern eines Quartiers zur Verfügung und können je nach Bedarf individuell abgerufen und abgerechnet werden. In der Rotbuchenstraße in München profitieren beispielsweise die Bewohner in mehr als 1200 Wohnungen von einem ambulanten Pflegedienst, der ihnen 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht und rund um die Uhr Versorgungssicherheit bietet. Schwellenfreie Wohnungen und eine Pflegewohnung auf Zeit stehen ebenfalls zur Verfügung. Ähnlich umfassend ist das Angebot am Innsbrucker Ring.

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