Die Pflicht vor der Kür
Wer zuhause die Wände selbst streichen will, muss sich darauf richtig vorbereiten
FRANKFURT/MAIN Die Farbe ist hochwertig, das Malwerkzeug professionell – und trotzdem ist die frisch gestrichene Wand alles andere als ein Meisterwerk geworden. Neue Farbe allein reicht beim Renovieren der Wände leider meist nicht aus. Denn Vorarbeiten müssen sein, auch wenn sie vielen Heimwerkern als eher lästige Pflicht erscheinen: „Damit die Farbe optimal haftet und der Anstrich sauber und fachgerecht wirkt, muss der Untergrund sauber und haftfähig sein“, sagt Ludger Küper, Direktor des Paint Quality Institute in Frankfurt. Heimwerker sollten aus diesem Grund fürs Abwaschen, Abschleifen, Grundieren und Ausbessern der entsprechenden Wände reichlich Zeit einplanen. „Das Streichen der Wände ist dann meist nur noch die Kür.“
Bevor Innenwände einen Neuanstrich erhalten, muss zunächst geprüft werden, ob der Altanstrich noch ausreichend Haftung bietet. „Einen ersten Eindruck vermittelt die Sichtprüfung“, sagt Friedhelm Müller, Kursleiter an der DIY-Academy in Köln. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass zunächst die alte Farbe entfernt werden muss, sind Stellen, an denen sich der Anstrich bereits löst oder Blasen wirft.
Aufschluss über die Haftungseigenschaften alter Farbe ergibt auch die sogenannte Abreißprüfung: Hier wird mit einem Klebeband durch ruckartiges Abziehen festgestellt, ob die Farbe noch fest auf dem Untergrund sitzt. „Bleiben Teile der Farbe am Klebeband hängen, muss der Altanstrich komplett entfernt werden“, erläutert Küper. Abschleifen, möglichst mit einer Maschine, ist hier die beste Lösung. „Abschließend ist eine Vorbehandlung der Putzoberfläche mit Tiefengrund zu empfehlen, damit der Untergrund nicht zu sehr saugt und dadurch ein wolkiger Anstrich entsteht.“
Ein problematischer Untergrund sind auch alte Kalkanstriche, so die Stiftung Warentest in Berlin – zumindest, wenn die Wand mit Dispersionsfarbe gestrichen werden soll. Erkennen lässt sich Kalkfarbe durch festes Reiben mit dem Daumen auf der Oberfläche. Wird der Daumen weiß, sollte die vorhandene Farbe mit Wasser und Wurzelbürste gründlich abgebürstet werden. Anschließend ist eine Vorbehandlung der Putzoberfläche mit Tiefengrund zu empfehlen. Erst dann ist auch ein Dispersionsanstrich auf einem früheren Kalkuntergrund möglich.
„Ein intakter Altanstrich muss mit einer Sichtprüfung auf Verschmutzungen, Nikotin, Wasserflecken, Ruß und Fett untersucht werden“, erläutert Küper. Heimwerker sollten hier besonders auf Fettrückstände auf der Wand achten. Denn diese müssen gründlich entfernt werden, weil sonst die Farbe nicht hält. Am besten hilft hier in der Regel hier das Reinigen mit einem Geschirrspülmittel.
„Schäden durch Wasser und Nikotin dürfen nicht einfach übergestrichen werden“, erklärt Müller. Solche Schadstellen müssen zuerst immer mit speziellen Isoliersperrgründen gestrichen werden. Nur nach einer solchen Vorbehandlung lassen sich die Wände wie gewohnt malen.
Wenn Farbe direkt auf Putz kommen soll, darf dieser nicht mürbe sein. Guten Aufschluss über die Haftfähigkeit bietet eine Kratzprobe mit einer Messerspitze oder einer Schraubenzieherklinge. Ist der Putz noch gut, zeigt der Kratztest nur oberflächliche Kratzer, heißt es bei der Stiftung Warentest. Ein mürber Putz lässt sich tief einkerben, wobei sich Kalk-und Sandbestandteile lösen.
Ein Klopftest mit dem Fingerknöchel gibt – so die Warentester – Aufschluss darüber, ob sich Teile des Putzes vom Untergrund gelöst haben. Lose Partien müssen abgeschlagen und erneuert werden. Intakte Putze sollten vor dem Streichen möglichst grundiert werden. So sei gewährleistet, dass die Farbe gut haften kann.
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