Alte Möbel treffen auf neue

In Frankreich sind moderne Einrichtung nicht nur puristisch. In den Wohnungen stehen oft Stücke vom Antikmarkt.
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In Frankreich sind moderne Einrichtung nicht nur puristisch. In den Wohnungen stehen oft Stücke vom Antikmarkt. Und auch beim zeitgenössischen Design zeigen die Franzosen wenig Strenge

Zum berühmten „Savoir vivre” gehören in Frankreich nicht nur gutes Essen und elegante Kleidung, sondern auch die Wohnungseinrichtung. „In Frankreich ist es üblich, dass man sich spontan zum Essen mit Freunden auch zu Hause trifft”, erklärt Dorothée Fouan-Huber, Innenarchitektin und Inhaberin des Einrichtungsgeschäfts Maison DFH. „Deshalb legen die Menschen viel Wert auf eine gastliche und gemütliche Einrichtung.”
Wenn die Franzosen sich schön einrichten, muss nicht unbedingt alles neu sein. „Möbel werden in Frankreich vererbt”, sagt Fouan-Huber. „Auch wenn die Einrichtungsstücke alt sind, sortiert man sie nicht einfach aus, sondern sie bleiben in Gebrauch.” Der französische Stil ist deshalb oft durchsetzt von Antiquitäten aus dem Barock, Klassizismus oder Jugendstil.
Auch die Hersteller setzen auf die Verbindung von Alt und Neu. Eine der populärsten Marken für hochwertiges Einrichten in Frankreich ist Roche Bobois. Das Unternehmen produziert eine Klassiklinie mit Stilmöbeln sowie eine moderne Kollektion. Nicolas Roche betreut das zeitgenössische Design bei Roche Bobois. Sein Verständnis vom modernen Wohnen zeigt sich in einer Aussage zu Italien: „Italien ist natürlich immer noch weltweit führend beim Design. Nur manchmal verlieren sich die Italiener in einem risikolosen Minimalismus.”
Der Minimalismus, wie ihn viele italienische Nobelmarken zelebrieren, wirkt für die Franzosen oft zu unbestimmt. In einem Pariser Loft darf auch eine Jugendstil-Tischleuchte oder ein Stuhl aus dem 18. Jahrhundert stehen – und sei es in der Plastikversion. Aber die Franzosen setzen auf Qualität. „Die Verwendung von hochwertigen Materialien und die Aufwertung traditioneller Handwerkskunst gehören zu der DNA des französischen Stils”, sagt Nicolas Roche. Ausdruck der hohen Wertschätzung des Handwerks ist der Titel „Meilleur Ouvrier de France” für den besten Handwerker Frankreichs. International ist die französische Einrichtungsindustrie traditionell nicht ganz so präsent wie die der Italiener oder der wiedererstarkten Skandinavier. Der bekannteste Hersteller moderner Möbel ist Lignet Roset. Daneben sind es vor allem die Designer wie Ronan und Erwan Bouroullec, Jean-Marie Massaud, Christophe Pillet oder Patrick Jouin, die im Ausland viel Aufmerksamkeit erfahren. Zu einer interessanten neuen Generation von ambitionierten Produzenten gehören die Pariser Unternehmen Moustache, Super-Ette und Petite Friture.
Ionna Vautrin ist derzeit die am meisten beachtete Produktdesignerin der jungen Generation in Frankreich. Ein Verkaufsschlager ist ihre Tischleuchte „Binic” für Foscarini. „Die Binic ist farbenfroh, klein und niedlich”, beschreibt Vautrin. Vieles von dem, was die Designerin entwirft, wirkt verschmitzt. So ist ihre neue Leuchte „Doll” von den chinesischen Winkekatzen inspiriert.
Vautrin interpretiert diese in der puristischen modernen Architektur oft vernachlässigten Elemente, die Wohnaccessoires wie Lampen, eigenwillig und kreativ. „Die französischen Designer repräsentieren im Ausland einen Stil, der emotional, empfindsam und poetisch ist”, findet sie. Denn in Frankreich muss zu Hause nicht alles perfekt sein. Man erfreut sich auch an dem verbeulten Sessel. Gerade in der Gelassenheit gegenüber dem Designwahn zeigen die Franzosen auch beim Einrichten viel vom „Savoir vivre” – von der Kunst, zu leben.

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