Zu viel Steuern bezahlt: Geld zurück für Senioren
MÜNCHEN - Der Datenabgleich bringt’s zu Tage: Viele Rentner haben zu viel Steuern bezahlt. Allerdings müssen Schummler Nachforderungen des Finanzamtes befürchten, und es gibt unklare Grenzfälle
Knapp zwei Millionen Rentner haben in den letzten Jahren zu viel oder zu wenig Steuern bezahlt. Das geht aus dem Datenabgleich der gesetzlichen und privaten Rentenkassen durch, den die Finanzämter seit Oktober durchführen. Meist war weder Schummelei der Rentner noch schlampige Arbeit der Finanzämter schuld. Die Ruheständler hatten ihre Steuererklärungen aus Versehen verkehrt ausgefüllt. Im Schnitt betrug ihre Steuerrückerstattung 250 Euro, bei den Nachzahlungen waren es 150 Euro.
Welche Fehler machten die Senioren am häufigsten? „Oft wurden die Renten falsch deklariert“, sagte Dieter Ondracek, der Chef der Steuergewerkschaft, zur AZ. Wer seine gesetzliche Rente in das Feld für die Betriebsrenten schrieb, zahlte doppelt so viel Steuern wie nötig. Außerdem vergaßen viele Rentner, ihre Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge anzugeben, berichtet Ondracek. Dadurch wurde ihr Einkommen zu hoch angesetzt.
Was müssen betroffene Rentner jetzt tun? „Gar nichts“, sagt Dieter Ondracek. Die Finanzämter würden von sich aus tätig – „wenn noch eine Möglichkeit besteht“. Der Knackpunkt ist der Begriff der „offenbaren Unrichtigkeit“: Hätte das Finanzamt ohne großen Aufwand erkennen können, dass die Steuererklärung falsch ausgefüllt war, könne der Bescheid noch nachträglich geändert werden. Wenn nicht, sei der Steuerbescheid vier Wochen, nachdem er erteilt wurde, rechtskräftig.
Was ist „offenbar unrichtig“? „Darüber beratschlagen die Experten noch“, sagt Ondracek. Für ihn ist die Sache klar, wenn die gesetzliche Rente versehentlich als Betriebsrente angegeben wurde – dann sei die Steuererklärung „offenbar unrichtig“. Das hieße: Die zu viel gezahlte Steuer muss bis zu fünf Jahre rückerstattet werden. Anders sei es, wenn keine Kassenbeiträge angegeben worden seien, denn: „Die Krankenversicherung war ja ursprünglich mit der Rentenauszahlung abgegolten.“ Die Steuerbeamten hätten deswegen nicht stutzig werden müssen, findet Ondracek.
Warum bemerkten die Finanzämter die „offenbaren“ Fehler nicht? „Wegen der Personalsituation in den Finanzämtern wird nicht jede Steuererklärung angeschaut“, sagt Ondracek. Besonders bei Erklärungen mit niedrigen Beträgen würden die Eintragungen oft ungeprüft übernommen.
Was sollen Rentner jetzt noch tun, die Betriebsrenten oder andere Einkünfte verschwiegen haben? „Gar nichts“, empfiehlt Ondracek auch ihnen. Die Steuerschummler sollten einfach auf den Nachzahlungsbescheid des Finanzamts warten. Nur wer sich mit falschen Angaben um Steuern über 1000 Euro oder mehr im Jahr gedrückt habe, solle von sich aus die Angaben richtigstellen, um Sanktionen zu vermeiden, sagt Ondracek. „Alles, was darunter liegt, ist Kleinkram.“
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