XL-Rettungsschirm für die Europäische Union
Brüssel - Unter dem Druck der Krise in Portugal und der Spannungen zwischen Berlin und Paris wegen Libyen beweist die EU Stärke. Der Euro-Rettungsschirm wird zum dauerhaften Sicherungsnetz ausgebaut. Die 27 Regierungschefs der EU beschlossen, ihn mit noch mehr Geld auszustatten. Damit sollen künftig Ansätze, ein Mitgliedsland durch Spekulation in die Pleite zu treiben, im Keim erstickt werden.
Größer, stärker, teurer. Der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ ESM soll den bis Mitte 2013 befristeten Rettungsschirm EFSF ablösen. Der bisherige Rettungsschirm bot auf dem Papier Garantien bis zu 440Milliarden Euro. Bei der Irland- Krise wurde ein Teil davon in Anspruch genommen. Bei größeren Krisen könnte der Rettungsschirm aber überfordert sein, weil seine Regeln so gestrickt sind, dass de facto nur 250 Milliarden Euro ausgeliehen werden können. Das ändert sich jetzt. Der Fonds bekommt zusätzliche Garantien, so dass tatsächlich 450 Milliarden ausgezahlt werden könnten.
Als erstes Land dürfte womöglich Portugal vom verstärkten Schutz profitieren. Wichtige Ratingagenturen stuften die Kreditwürdigkeit des Landes herab, deswegen muss Lissabon immer höhere Zinsen zahlen, wenn es Schulden aufnimmt.
Künftig sollen auch private Gläubiger, beispielsweise Banken, an Rettungsaktionen beteiligt werden können. Der ESM wird maximal 500 Milliarden verleihen können, aber Garantien über 700 Milliarden bekommen. Der Grund: Die EU-Regierungschefs wollen eine Top-Bewertung für durch die Ratingagenturen erreichen. Deutschland bürgt für 168 Milliarden Euro und überweist 22 Milliarden Euro direkt.
Wirtschaftspakt nimmt Haushaltssünder an die Kandare. Unternehmen mit Niedrigststeuern anlocken, um später bei der EU betteln zu gehen (Irland), Staatsdiener mit 50 Jahren in Rente schicken und dann im Schuldensumpf versinken (Griechenland) – das soll künftig nicht mehr gehen. Die EUChefs wagen sich an die Behebung eines Grundübels der Währungsunion, die bisher zwar gemeinsames Geld, aber keine gemeinsame Wirtschaftspolitik kennt. Ein Pakt soll dafür sorgen, dass alle Mitglieder solider wirtschaften. Auch 17 Länder, die noch nicht in der Währungsunion sind (etwa Polen und Dänemark) schließen sich dem Pakt an.
Künftig sollen Schuldensünder schon zu Beginn eines Strafverfahrens ein Pfand in Brüssel hinterlegen. Jährlich soll außerdem überprüft werden, ob wichtige Strukturreformen umgesetzt wurden. Ökonom Alexander Koch von der Unicredit kritisiert allerdings, auch der verschärften Version des Paktes fehlten die Zähne. Noch müsse entschieden werden, ab welchen Schwellenwerten bei Defizit und Staatsschuld Sanktionen greifen sollen. Die Märkte bräuchten mehr als „ein eher schwammiges Ergebnis“.