Wer beutet aus?

"Heutzutage geht es oft nicht mehr ohne helfende Hände": Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über die Schattenwirtschaft in Deutschland.
von  Abendzeitung

"Heutzutage geht es oft nicht mehr ohne helfende Hände": Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über die Schattenwirtschaft in Deutschland.

Wir sind ein Volk von Temposündern, von Versicherungsbetrügern und, wie die neue Studie zeigt, ein Volk von Schwarzarbeitern. Dem Tag und dem Anlass gemäß: Asche auf unser Haupt!

95 Prozent aller Haushaltshilfen arbeiten ohne Rechnung, jeder Dritte vergab Aufträge unter der hand und jeder Fünfte hat schon schwarzgearbeitet. Die Zahlen klingen imposant, und sie verraten einiges über den Zustand unseres Gemeinwesens.

Es soll nicht die Klage sein über unbezahlbare Handwerker und überbezahlte Nachhilfelehrer. Vielmehr zeigt die Statistik die dramatischen Auswirkungen einer alternden Gesellschaft.

Wenn Mutter und Vater älter werden, wenn Sohn oder Tochter für die eigenen Kinder oder den eigenen Lebensunterhalt sorgen müssen, dann geht es oft genug nicht mehr ohne die hilfsbereiten Hände. Es ist ein Missstand, dass diese lebensnotwendigen Kräfte in der Illegalität leben müssen, in einer Illegalität zumal, die von den Behörden toleriert wird. Dieser Zustand wird niemandem gerecht. Nicht den Haushalten, die Hilfe brauchen – und nicht den Helfern, die den Bedarf decken.

Richtig interessant ist eine andere Zahl. Der allgegenwärtige Gesetzesverstoß in oder an den eigenen vier Wänden macht nur 35 Prozent der gesamten Schwarzarbeit aus – woraus sich erkennen lässt, welch riesiger Anteil die gewerbsmäßige, wie Menschenhandel aufgezogene Schattenwirtschaft hat. Diese Form der Ausbeutung ist nicht nur umfangreicher, sondern auch schädlicher als die Beschäftigung einer Putzfrau.

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