Von Minimalismus bis Megatrends: Wie unser sich wandelnder Lebensstil auch die Finanzwelt verändert

Immer mehr Menschen betrachten klassische Modelle von Konsum und Besitztümern kritisch. Davon bleibt auch das Finanzielle nicht unberührt.
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Zwischen klassisch und modern: der Lebensstil ist dem Wandel unterworfen (Bild KI-generiert)
Zwischen klassisch und modern: der Lebensstil ist dem Wandel unterworfen (Bild KI-generiert) © Flux Kontext Fast

Spätestens seit der Industrialisierung lautete das Credo der meisten Menschen "mehr, mehr, mehr": Immer mehr materielle Dinge, immer größere Besitztümer, immer höherer Luxus.

Doch schon um die Jahrtausendwende begann eine Gegenbewegung, deren Ausmaß bis heute unübersehbar geworden ist: Ein bewusst reduzierter Lebensstil, der sich um ein minimalistischeres, nachhaltigeres Konsumieren dreht und so zum exakten Gegenentwurf schnelllebigen Wegwerf- Massenkonsums mit Hang zum Überdimensionalen avancierte.

Wir nehmen diesen und weitere damit zusammenhängende Konsumtrends etwas genauer in den Blick und stellen dabei auch die Frage, wie sich das auf die Art und Weise auswirkt, wie wir finanzielle Entscheidungen treffen.

Minimalismus: Wenn weniger gleich mehr ist

Minimalismus hat viele Facetten. Seine modernen Grundlagen finden sich in der Architektur und Kunst des

20. Jahrhunderts. Dort bedeutete der Trend den Verzicht auf sämtliche Ornamentik zugunsten reduzierter, übersichtlicher, simpler Strukturen.

Als Lebensphilosophie ist Minimalismus zwar schon deutlich älteren Datums, doch er erfreute sich niemals so breiter Zustimmung wie in jüngster Vergangenheit. Die japanische „Aufräum-Königin" Marie Kondo ist beispielsweise zu einem Gesicht des heute gelebten Minimalismus geworden. Auch dabei geht es um Reduzieren, Übersichtlichkeit, Vereinfachung.

Und der Unterschied zwischen klassischem und modernem Minimalismus ist unübersehbar.


Klassischer Minimalismus

Radikal-asketischer Verzicht auf Besitz und Komfort als gesellschaftlicher Gegenentwurf zur Erlangung innerer Freiheit und Genügsamkeit

Moderner Minimalismus

Reduktion auf das Wesentliche als Entscheidung für mehr Klarheit, Nachhaltigkeit und Lebensqualität durch bewusstere Auswahl und Fokus auf Wertigkeit.


Das bedeutet, heutigen Minimalisten geht es nicht um eine Diogenes-gleiche Askese, sondern um eine Konzentration aufs Wesentliche, um das eigene Dasein zu "entschlacken" und von Überflüssigem zu befreien. In finanzieller Hinsicht hat diese Philosophie tiefgreifende Auswirkungen.

Wer weniger konsumiert, spart nicht nur Geld, sondern setzt seine Mittel gezielter ein - für hochwertige Produkte, für Erfahrungen und Erlebnisse oder für Rücklagen. An die Stelle von spontanen Käufen tritt eine überlegte Auswahl, die Qualität und Nachhaltigkeit fokussiert.

Weitere Konsum- und neue Megatrends

Neben dem Minimalismus haben sich weitere Strömungen entwickelt, die ebenfalls tiefgreifende Auswirkungen auf das Konsum- und Finanzverhalten haben.

Übersicht:  Weitere Konsumtrends
Übersicht: Weitere Konsumtrends

All diese Entwicklungen sorgten und sorgen dafür, dass eine steigende Zahl von Menschen heute viel bewusstere Kaufentscheidungen fällt. Der Preis zählt nicht mehr allein, sondern ebenso Werte, Haltung und gesellschaftliche bzw. Peer-Trends.

Auswirkungen auf Finanzentscheidungen

Die beleuchteten Trends unterscheiden sich in einzelnen Facetten voneinander. Durch die individuelle Ausgestaltung in einem nachhaltigen Lebensstil erhalten sie zusätzliche Varianz.

Dennoch gibt es Aspekte, die sich wie ein roter Faden durch Minimalismus-Trends ziehen:

Menschen konsumieren weniger und weniger schnelllebig und entwickeln dadurch langfristig ein neues Sparverhalten. Bewussteres Haushalten, langfristigere Planung, eine andere Kostenstruktur beim Erwerb von Eigentum (seltener, dafür hochwertiger) sorgen für eine Verschiebung von Prioritäten.

Das betrifft nicht nur die eigenen Finanzen, sondern macht auch nicht vor Krediten Halt. Für Menschen, die nachhaltig konsumieren, spielen kurzfristige Konsumkredite eine geringere Rolle. Fremdfinanzierung werden eher für langlebige, lebensstrategisch sinnvolle Anschaffungen interessant.

Kredite im Wandel

Für Menschen, die nachhaltig und minimalistisch planen, kann eine Fremdfinanzierung vereinfacht dargestellt in "gute" und „schlechte" Schulden eingeteilt werden:


Schlechte Schulden

werden gemacht, um kurzlebige Anschaffungen zu finanzieren, die lediglich einer schnellen Bedürfnisbefriedigung dienen.

Gute Schulden

werden aufgenommen, um lenglebige, wertsteigernde, "vernünftige" Anschaffungen bzw. Ausgaben zu tätigen.


Der Fokus auf Minimalismus und bewussten Konsum wirkt sich auch auf die Kreditlandschaft und die Nutzung von Krediten aus. Auch die aktuelle Zinssituation spielt dabei eine Rolle: Seit den 2010er Jahren prägte eine extreme Niedrigzinsphase die Kreditlandschaft und begünstigte vorgezogene Anschaffungen über Fremdkapital. Die ungefähr seit der Pandemie eingetretene Zinswende verändert jedoch vieles.

Denn Zinsen sind längst nicht mehr so langfristig vorhersagbar. Kreditentscheidungen werden daher stärker abgewogen, unabhängig vom Finanzierungsziel. Damit rückt auch die Rolle der Zinsen in der persönlichen Lebensplanung stärker in den Vordergrund. Kredite sind nicht nur eine Frage des Bedarfs, sondern auch der zeitlichen Planung. Wer in Zukunft Finanzentscheidungen trifft, wird den Zinsverlauf ebenso berücksichtigen müssen wie den eigenen Lebensstil.

Fazit

Minimalismus und andere Megatrends im Konsum begleiten eine immer größere Zahl von Menschen. Spontane Kaufentscheidungen werden durch ein bewussteres, wertorientierteres Verhalten abgelöst.

 

Das führt nahezu zwangsläufig auch zu mehr Achtsamkeit im Umgang mit Geld. Denn diese Lebensphilosophien bedeuten ebenfalls Ausgaben, wenn auch in anderer Form. Das bedeutet zwar nicht, dass kurzfristige Spontankäufe oder klassische Konsumkredite überflüssig werden. Der Trend zeigt aber, dass immer mehr Menschen einen bewussteren und viel durchdachteren Umgang damit pflegen und damit auch die Finanzwelt nachhaltig prägen.

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