Vom Kritiker zum Fan
Der DFB-Reporter der Abendzeitung Patrick Strasser über seine Haltung zur Nationalelf
Jetzt haben sie es geschafft. Ich will mich nicht mehr wehren, es hat keinen Sinn mehr. Ich, seit 2004 Nationalmannschaftsreporter der Abendzeitung und somit von Berufs wegen zur Neutralität verpflichtet, gestehe an dieser Stelle: Spätestens seit dem Nachmittag von Kapstadt, diesem 4:0 der DFB-Elf gegen Argentinien, bin ich ein Fan dieser Mannschaft.
Es heißt ja immer, Journalisten sollten Distanz bewahren, zurückgenommen berichten. Nicht emotionslos, aber unabhängig, unparteiisch.
Daher waren mir immer gewisse Kollegen suspekt, die bei der Nationalhymne auf der Pressetribüne mitschmettern und Tore erst bejubeln, dann kommentieren. Ich wollte Distanz, wehrte mich gegen den „Wir“-Journalismus, die Reporter spielen schließlich nicht mit, sind Beobachter, keine Akteure.
Ich hatte und habe aus familiärer Nähe stets Sympathien für die Italiener, für die Engländer (über deren Abschneiden an dieser Stelle nur eins: kein Wort). Außerdem haben sich deutsche Teams bei früher oft unansehnlich durchs Turnier gerumpelt.
2010 ist anders. Südafrikaner tragen deutsche Trikots, und wo immer man ins Gespräch kommt, beglückwünschen sie einen, als habe man tatsächlich gespielt. Diese deutsche Nationalelf hat gute Typen, einen lässigen Trainer und spielt einfach mitreißenden, geilen Fußball. Das steckt an. Auf ins Finale!