Volksbank für die Reichen
BERLIN - Die „Deutsche“ kauft die Postbank, es entsteht ein Riese aus ungleichen Partnern – und mit 25 Millionen Kunden. Was bedeutet diese Hochzeit? Die wichtigsten Fragen und Antworten im AZ-Überblick.
Der Terminkalender von Wolfgang Klein ist prall gefüllt. Trotzdem lässt sich der Chef der Postbank die Fachtagung vom „Handelsblatt“ zur Bankenbranche normalerweise nicht entgehen: Dort trifft sich die Crème de la Crème des Kreditgewerbes. Dennoch sagte Klein den Auftritt ab. Sofort munkelten Beobachter: Das habe mit dem Verkauf der Postbank zu tun.
Sie hatten Recht. Am Donnerstag bestätigten Deutsche Bank und Postbank: Man sei in „fortgeschrittenen Gesprächen“. Wie es hieß, gebe es eine Vereinbarung mit der Post, wonach die Deutsche Bank zunächst 30 Prozent der Postbank-Anteile übernehme – und in einem zweiten Schritt die Mehrheit.
Keine 14 Tage, nachdem Dresdner und Commerzbank ihren Zusammenschluss verkündet haben, steht Deutschland damit eine neue Mammutfusion bevor. Die AZ beantwortet wichtige Fragen.
Warum gehen die Banken zusammen?
„Eine Bank verkauft man nur, wenn es ihr schlecht geht – oder dem Eigentümer“, sagt Dieter Hein, Bankenexperte vom Aktienanalyse-Haus „Fairesearch“. Tatsächlich braucht die Post dringend Geld, wegen Milliardenverlusten in den USA. Deshalb will sie die Postbank lukrativ losschlagen. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann dagegen „wurmt es, dass seine Bank wegen der Commerzbank-Dresdner-Fusion im Deutschland-Geschäft nicht mehr die größte ist“, meint Hein. Mit der Postbank bekäme er auf einmal 15 Millionen neue Kunden hinzu (siehe Info). Und gerade im Privatkundengeschäft will die Deutsche Bank wachsen.
Was ist an den Privatkunden so interessant?
„Es ist ein stabiles Geschäft“, sagt Achim Tiffe vom Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen. In der Aktienmarkt- und Kreditkrise haben die Banken kräftig Federn mit riskanten Spekulationen gelassen. Auf Privatkunden dagegen ist Verlass – auch wenn sich am Einzelnen keine Riesensumme verdienen lässt. „Das ist der Aldi-Effekt bei den Banken“, so Experte Tiffe: „Wer viele billige Produkte verkauft, verdient auch gut.“
Was bedeutet das für die Kunden?
Die Klientel der beiden Banken ist völlig unterschiedlich. Die Deutsche Bank bedient vermögende Kunden, die ihr Geld in Aktien stecken. Bei der Postbank findet sich der Otto-Normal-Bankkunde. Der wird wohl ein paar Produkte mehr angeboten bekommen. „Die Deutsche Bank wird ihre Fondsprodukte in abgespeckter Form an die Postbank-Kunden bringen wollen“, meint Tiffe. Deutsche-Bank-Kunden profitieren vom Riesen-Filialnetz der Postbank. Allerdings: „Der Deutsche-Bank-Kunde stellt sich eher ungern mit Paket schleppenden Postkunden in die Schlange“, so Experte Hein. Das Filialnetz wird möglicherweise umstrukturiert – und ausgedünnt. An Konten, Sparbüchern oder Depots dürfte sich zunächst nichts ändern.
Schadet die Fusion dem Wettbewerb?
Kaum. Denn die Konkurrenz in der deutschen Bankenlandschaft ist so groß, dass den Kunden immer noch genügend Auswahl bleibt. Mittlerweile gebe es so viele spezialisierte Banken, „dass viele Kunden für verschiedene Produkte auch verschiedene Banken wählen“, meint Achim Tiffe. Daran ändere auch eine weitere Fusion nichts.
Kann der Zusammenschluss noch scheitern?
Wohl kaum – auch wenn die Gewerkschafts-Vertreter im Aufsichtsrat ankündigten, ihn nach Kräften zu torpedieren. Allerdings sind sie in den Gremien in der Unterzahl. Heute soll der Post-Aufsichtsrat den Verkauf absegnen.
Andreas Jalsovec
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