Verstrahlt
Frank Müller, AZ-Politikchef, über den merkwürdigen Atomkompromiss. Es ist das alte Atomlied: Anfangen und dann mal schauen
Ziehen wir Zwischenbilanz, noch nicht einmal eine Woche nach der Einigung auf den angeblich so epochemachenden Atomkompromiss: Die deutsche Kraftwerkslandschaft wird nun gleichzeitig sicherer und unsicherer. Das ganze kostet den Bund mehr Geld und spart ihm gleichzeitig einiges. Wie meinen Sie, das sei Quatsch? Finden wir auch.
Es war schon problematisch genug, dass Schwarz-Gelb meinte, den vor Jahren mühsam beendeten Atomstreit neu entfachen zu müssen. Wie die Koalition dies tat, das schlägt nun allerdings dem Atommüllfass den Boden aus. Scheibchenweise sickern sich widersprechende Informationen durch. Und ein Geheimpapier, das so geheim ist, dass die Öffentlichkeit fast von seiner Existenz gar nichts erfahren hätte, weckt einen üblen Verdacht: Hier wird gekungelt, mit Laufzeiten und Milliardengewinnen.
Seriöser Umgang mit dem Jahrhundertthema Energieversorgung sieht anders aus. Politische Klugheit auch. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel denn unbedingt dem Land eine neue Atompolitik antun will, dann sollte sie dies schon aus Eigeninteresse transparent und sauber tun. Und so, dass das Parlament und die Bürger die Chance haben, zu beurteilen, was denn da nun überhaupt beschlossen worden ist.
Bislang aber folgt die Atompolitik der Regierung dem jahrzehntelangen schlechten Vorbild: Man wurstelt sich erstmal durch. Und um Folgen und Müll kümmern wir uns irgendwann später. Wenn überhaupt.
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