Verschlafene Referate
"Auch ein OB Ude braucht den Widerspruch seiner "Minister": Willi Bock, Rathaus-Reporter der Abendzeitung, über die Wahl der neuen Referenten.
Nein, früher war nicht alles besser. Die „gute alte Zeit“ ist etwas für jene, die alles schon wieder vergessen haben. Aber eines war im Münchner Rathaus „früher“ eben besser: Die gute alte Diskussionskultur. Da saßen auch schwarze Referenten neben dem roten Oberbürgermeister, da wurde überparteilich im Stadtrat heftig und deftig um Inhalte gestritten. Da wusste man als Zuhörer, warum eine Entscheidung getroffen wird. Heute passiert das meiste davon hinter verschlossenen Türen.
Das gehört auch zum Prinzip des OB Christian Ude: Alles solange glatt bügeln, zurückstellen oder absprechen, bis er möglichst konfliktfrei (was die eigenen Reihen betrifft) in die Sitzung gehen kann. Das betrifft auch seine elf „Stadtminister“, mit denen Ude regiert. Ende November soll die alte Mannschaft mit zwei neuen Gesichtern wieder gewählt werden. Aber auch dort fehlt es an Streitkultur: Alle sind auf Rot-Grün eingeschworen. (Fast) alle sind linientreu. Weniger als eine Handvoll traut sich, auch im kleinen Kreis Ude zu widersprechen.
Früher verstanden sich die Referenten als politische Menschen. Heute wollen sie nur Verwalter sein. Kein Wunder, dass manche Referate immer verschlafener wirken. Dabei haben sie fürs Verwalten ihre Stellvertreter, die Stadtdirektoren. So wird es Zeit, dass sich die „Stadtminister“ wieder als politische Ideengeber verstehen, die München mit ihren Vorschlägen weiter bringen. Dazu werden sie gewählt. Auch ein OB Ude braucht den Widerspruch seiner Minister.