Vergiftetes Klima zwischen Lufthansa und Piloten

Die Lufthansa und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit haben sich heillos ineinander verkeilt. Die Airline zieht nun vor Gericht - doch ein Ende des Konflikts wird damit wohl auch nicht erreicht.  
dpa |
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Die Lufthansa und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit haben sich heillos ineinander verkeilt. Die Airline zieht nun vor Gericht - doch ein Ende des Konflikts wird damit wohl auch nicht erreicht.

Frankfurt/Main  - Der heftige Tarifstreit zwischen der Lufthansa und ihren Piloten eskaliert immer weiter. Weil sich das Management und die Vereinigung Cockpit (VC) am Verhandlungstisch nicht einigen können, ziehen die Parteien während der 13. Streikrunde jetzt vor die Arbeitsgerichte am Drehkreuz Frankfurt und am Firmensitz Köln.

Nach einem Sommer voller Hoffnungen, Schlichtungsansätze und letztlich doch gescheiterter Gespräche hat die VC seit Dienstag die Streikschrauben noch ein Stück enger angezogen. Ein halbes Jahr lang gab es eine Pause - nun setzt sie das Unternehmen mit scheibchenweise vorgebrachten Streikaktionen in einzelnen Konzernteilen unter Druck.

Alles im Griff, heißt es zwar bei der Lufthansa - aber der Krisenstab rotiert, Tausende Passagiere bleiben jeden Streiktag am Boden. Zumindest denkbar ist auch eine dritte Stufe am Donnerstag.

Zusätzlich droht die Gewerkschaft mit einer beispiellosen Streikserie bis zum Jahresende. "Bis auf weiteres ist es jede Woche möglich, dass es neue Ausstände gibt. Ausgenommen davon ist vielleicht Weihnachten", sagte VC-Sprecher Markus Wahl.

Lufthansa lässt nun die Juristen sprechen: 60 Millionen Euro soll die VC an Schadenersatz zahlen, weil der erste Streik aus dem April 2014 zu früh gekommen sei. Damals sei zumindest bei der mitbestreikten Cargo-Tochter ein angegriffener Tarifvertrag noch gültig gewesen.

Das Unternehmen lässt zudem die Streikziele der Piloten gerichtlich überprüfen, denn streiken darf man nur für Dinge, die tatsächlich in einem Tarifvertrag geregelt sind. Dazu gehören etwa Entgelte, Arbeitszeiten, Beförderungsregeln oder Rentenfragen. Allerdings holte sich die Lufthansa in erster Instanz vor den Arbeitsgerichten in Frankfurt und Köln am Dienstagabend eine deutliche Abfuhr ab. Die Richter hatten an dem Ausstand und seinen Zielen nichts auszusetzen, nun geht weiter vor das Hessische Landesarbeitsgericht.

Die VC hat in der Vergangenheit aus ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht und den von Konzernchef Carsten Spohr geplanten Umbau mit einer externen Billigtochter "Eurowings" heftig kritisiert. Piloten-Arbeitsplätze mit Billiglöhnen würden ins europäische Ausland (Österreich) exportiert und so dem deutschen Tarifrecht entzogen, lauteten unter anderem die Vorwürfe. Die Lufthansa sieht in den öffentlichen Äußerungen verschiedener Funktionäre zum Thema handfeste Belege, dass Cockpit für unrechtmäßige Ziele streike.

Die Gewerkschaft sieht das natürlich ganz anders, und bekam wie erwartet vor dem traditionell arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsgericht zunächst recht. Feinsäuberlich hat man die Mitglieder Anfang 2014 in zwei getrennten Urabstimmungen über die Tarifverträge zu den Gehältern und zur Übergangsversorgung für die Piloten befragt.

Die Zustimmung zum Arbeitskampf war deutlich, mit je 97,2 beziehungsweise 99,1 Prozent der teilnehmenden VC-Mitglieder. Das Thema Übergangsrenten wurde nach den gescheiterten Gesprächen jeweils wieder hervorgeholt und ist auch in der mittlerweile 13. Runde als offizieller Streikanlass genannt.

Die Solidarität mit den Piloten bei anderen Lufthansa-Arbeitnehmern schwindet hingegen immer weiter. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo hat den harten Kurs zuletzt erstmals öffentlich kritisiert. Ihr Chef Nicoley Baublies fürchtet, dass umso mehr Maschinen ins Ausland geschoben werden, je unversöhnlicher sich VC und Lufthansa gegenüberstehen. Mit den Jets würden auch die Jobs der Stewardessen und Stewards abwandern, Ufo verlöre Mitglieder und Einfluss.

Luftverkehrsexperten sehen eine total verfahrene Situation, das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln diagnostiziert ein "vergiftetes Klima". Beide Seiten müssten sich bewegen und mit einem starken Lösungswillen auf die jeweils andere Seite zugehen, appelliert beispielsweise der Luftfahrtberater Gerald Wissel.

Die einst händeringend gesuchten Piloten pochten nicht ganz zu Unrecht auf die ihnen einst zugesicherten Besitzstände. Für ihre Nachfolger müssten sie aber schlechtere Bedingungen akzeptieren, da sich der Arbeitsmarkt für Piloten in Europa komplett geändert habe. "Und dann kann ja jeder Berufseinstieger selbst entscheiden, ob er zu diesen Konditionen noch Verkehrspilot werden will."

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