Und dennoch: Der Beginn einer Ära

Das Finale ist verloren, doch vorbei ist die Zeit der Bayern-Mannschaft noch lange nicht: Gunnar Jans, Sportchef der AZ, über die Elf des FC Bayern.
Es gibt diese Momente, in denen du spürst, dass gerade etwas ganz Großes zu Ende gegangen ist. Ein Höhepunkt, ein letzter grandioser Auftritt, der freilich zugleich auch ein Schlusspunkt ist. Und es gibt andere Momente: solche, in denen du spürst, dass gerade etwas Großes entsteht. Vielleicht ist das der Unterschied zwischen dem Champions-League-Triumph von 2001 und dem Finale von 2010, dessen Ausgang alles andere als eine Tragödie ist.
Die Helden von 2001, sie waren müde Helden. Zwei Jahre hatten sie gebraucht, um ihr Trauma von Barcelona zu verarbeiten, und als sie es endlich gepackt und nach 25 Jahren den FC Bayern erstmals wieder auf den Gipfel Europas gebracht hatten, da war klar, dass ihr Werk vollendet sein würde. Die Zeit von Matthäus, Elber, Sergio war vorbei, Effenberg und Kahn hatten ihren größten Moment hinter sich. Was sollte da noch kommen? Ein neues Team musste her.
Bei der Bayern-Elf, die in Madrid mit großer Leidenschaft, doch ohne Fortune Inter Mailand unterlag, sieht das ganz anders aus. Die Finalniederlage wird kein Trauma hervorrufen und stellt erst recht kein Ende dar, im Gegenteil: Sie kann der Anfang sein. Der Beginn einer Ära. Denn niemals zuvor seit den glorreichen 70ern hat ein Bayern-Team eine solche Euphorie ausgelöst. Plötzlich sind sie Bayern-Gegnern sympathisch und rufen selbst bei manchem Löwenfan Anerkennung hervor.
Der FC Bayern hat in den letzten Wochen und Monaten mehr aufgebaut als diese eine Niederlage gegen Inter kaputtmachen kann. Er hat gezeigt, was geht: Dass man es aus dem Nichts nach oben schaffen kann (wie Müller und Badstuber). Dass man an sich und seine Methoden glauben muss, auch wenn man anfangs Gegenwind verspürt (wie van Gaal).
Dass man kein Hasardeur sein muss, um Erfolg zu haben (wie so viele Klubs in Italien, Spanien, England), sondern seriös wirtschaften und trotzdem Weltstars wie Robben und Ribéry an sich binden kann. Und dass man dabei sogar noch auf höchstem Niveau wie ein Familienbetrieb funktionieren kann, mit einem Präsidenten als Patron. So lässt sich das Glücksgefühl begründen, das die Bayern zuletzt aussendeten: dass gerade in diesen wirtschaftlichen Krisenzeiten der FC Bayern ein Gegenmodell ist - das einer intakten, erfolgreichen Familie. Die noch wächst, die noch gedeiht. Und die – das zumindest darf die Hoffnung sein – aus Rückschlägen wie der Finalniederlage sogar gestärkt hervorgehen kann.
Gestern waren wirklich alle Bayern, und dass es am Ende nicht geklappt hat, muss diesem Gefühl keinen Abbruch tun. Es kann ruhig noch zwei Jahre währen: 2012 findet das Finale in München statt.