Ukraine gibt Gas, Russland auch
Die Bemühungen von EU-Ratspräsident Topolanek im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine zeigen erste Ergebnisse. Russland stimmt der Kontrolle des Transports zu, die ukrainische Regierung liefert Reserven nach Osteuropa.
Russland hat nach Verhandlungen mit der EU einem Abkommen über den Einsatz einer internationalen Expertenmission zur Kontrolle des Gastransports durch die Ukraine zugestimmt. Ein entsprechendes Dokument wurde am Samstag im Beisein von Ministerpräsident Wladimir Putin und dem amtierenden EU-Ratspräsidenten, Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek, in der Nähe von Moskau unterzeichnet.
Der tschechische Ministerpräsident war zu Krisengesprächen nach Russland gereist, nachdem er bereits die Ukraine besucht hatte. Topolanek wollte am Samstagabend noch einmal nach Kiew fliegen, um das Abkommen auch von der Ukraine unterschreiben zu lassen. Erst dann will Russland seine am Mittwoch komplett eingestellten Gaslieferungen durch die Ukraine nach Westen wieder aufnehmen. Die Regierung in Kiew stellte noch für Samstag Lieferungen aus ihren eigenen Gasreserven nach Bulgarien und Moldawien in Aussicht. Damit wolle man den frierenden Menschen in diesen beiden Ländern helfen, erklärte Präsident Viktor Juschtschenko in Kiew. Der Vizechef der ukrainischen Gesellschaft Naftogaz, Wolodimir Trikolitsch, erklärte, an Bulgarien würden täglich zwischen zwei und 2,5 Millionen Kubikmeter Gas geliefert und an Moldawien etwa 1,5 Millionen Kubikmeter. Wie lange dies anhalten werde, wurde nicht mitgeteilt. Die Ukraine selbst erhält schon seit dem 1. Januar kein russisches Gas mehr, weil sie den von Moskau geforderten Preis nicht zahlen will.
15 europäische Länder ohne Gas
Am Mittwoch hat Russland auch die Transitlieferungen gestoppt, so dass rund 15 europäische Länder kein Gas mehr erhalten. Am Freitag hatte sich zunächst eine Lösung abgezeichnet: Russland und die Ukraine einigten sich auf eine Beobachtermission für die Gaspipelines. Der russische Gazprom-Konzern machte aber dann ein schriftliches Abkommen zur Bedingung für eine Wiederaufnahme der Lieferungen. Diese Abkommen wurde schließlich am Samstagnachmittag im Beisein von Ministerpräsident Wladimir Putin und dem amtierenden EU-Ratspräsidenten, Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek, in der Nähe von Moskau unterzeichnet. Der Vereinbarung zufolge sollen die Beobachter den Gasfluss durch die Ukraine nach Westeuropa überprüfen. Moskau hat den Lieferstopp damit begründet, dass die Ukraine die durch ihr Territorium verlaufenden Transitleitungen angezapft habe. Die Regierung in Kiew, die dies zurückweist, hatte der Beobachtermission zuvor schon zugestimmt und auch die Einbeziehung russischer Gesandter akzeptiert.
Eon hält an Senkung der Gaspreise im Februar fest
Der Energiekonzern Eon will trotz des Streits zwischen Russland und der Ukraine die Gaspreise im Februar wie geplant senken. Das sagte Unternehmenschef Wulf Bernotat dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». «Trotz knapper Mengen müssen unsere Kunden nicht mit höheren Preisen rechnen», versicherte der Manager. «Für unsere Verbraucher hat sich die oft gescholtene Ölpreisbindung in dieser Krise als sehr hilfreich herausgestellt.» Bernotat kritisierte das Verhalten des russischen Gazprom-Konzerns in der aktuellen Krise, die zu Liefereinschränkungen auch für Deutschland geführt hat. Sollte der Streit nicht bald beigelegt werden, laufe Gazprom Gefahr, seinen Ruf als zuverlässiger Geschäftspartner zu verspielen.
Slowakei will AKW ohne EU-Zustimmung aktivieren
Angesichts des Energienotstands wegen der ausgefallenen Gaslieferungen aus Russland hat die Slowakei mit der Vorbereitung zur Wiederinbetriebnahme seines erst zum Jahreswechsel abgeschalteten Atomkraftwerks in Jaslovske Bohunice begonnen. Noch am Nachmittag werde die Regierung zu einer Sondersitzung zusammentreten, um eine entsprechende Erlaubnis zu erteilen, gab Wirtschaftsminister Lubomir Jahnatek am Samstag angesichts des drohenden Zusammenbruchs der Stromversorgung im Land bekannt. Der Betreiber JAVYS bestätigte, die Vorbereitungsarbeiten für die Wiederinbetriebnahme hätten bereits am Morgen begonnen. «Innerhalb von sieben Tagen» könne der gemäß einer Vereinbarung mit der EU am 31. Dezember abgeschaltete Reaktor wieder Strom produzieren, hatte die Betreibergesellschaft schon am Vortag erklärt. Die Regierung hatte am Donnerstag gewarnt, der Slowakei stehe der Energiekollaps ins Haus, sollte die seit Mittwoch eingestellten Gaslieferungen aus Russland nicht binnen zehn Tagen wieder ins Land strömen. Die Wiederinbetriebnahme des nach sowjetischer Bauart errichteten Atomreaktors ist politisch äußerst heikel. Besonders auf österreichischen Druck hatte sich die Slowakei zur Schließung der Anlage bis spätestens Ende 2008 verpflichtet. Diese Verpflichtung ist im Beitrittsvertrag festgeschrieben, der nur mit Zustimmung aller anderen EU-Mitgliedsländer geändert werden könnte. (AP/dpa)