Überfällige Debatte

Die Politiker robben rhetorisch langsam in Richtung Realität: Markus Jox, AZ-Redakteur, über die Kritik an der Bundeswehr-Ausrüstung.
von  Abendzeitung
Markus Jox
Markus Jox © Gregor Feindt

Die Politiker robben rhetorisch langsam in Richtung Realität: Markus Jox, AZ-Redakteur, über die Kritik an der Bundeswehr-Ausrüstung.

Jetzt also wissen es plötzlich alle besser: Nach dem blutigen Karfreitag von Kundus, bei dem drei Bundeswehrsoldaten während heftiger Gefechte mit den Taliban ums Leben gekommen sind, überbieten sich Militärexperten und Politiker schlagartig mit alarmistischen Wortmeldungen über mangelhafte Ausrüstung und Ausbildung der Truppe am Hindukusch.

Auch wenn die Soldaten vor Ort noch lauter über zu wenig Personal als über zu wenig Material klagen: Die jetzige Debatte ist richtig und überfällig – aber sie kommt auch viel zu spät. Jahrelang haben sich die verantwortlichen Politiker in Kanzleramt und Verteidigungsministerium die Afghanistan- Mission als „friedensstabilisierenden Einsatz“ schöngemalt. Auch die verbale Volte des schneidigen Ressortchefs Karl- Theodor zu Guttenberg, der bei seinem Amtsantritt „kriegsähnliche Zustände“ eingeräumt hat, zeugte von dieser Angst vor dem K-Wort. Jetzt hat der CSU-Minister immerhin zugestanden, man könne in Afghanistan „umgangssprachlich von Krieg“ sprechen. Und Guttenbergs Staatssekretär räumt ein, es gehe in Afghanistan „nicht nur um das Brunnenbohren“.

Während aber die Verantwortlichen in Berlin rhetorisch so langsam Richtung Realität vorrobben, halten die Soldaten am Hindukusch weiter jeden Tag ihren Kopf hin. Sie stehen im Krieg. Der Ratschlag von Ex-Verteidigungsminister Rühe, einen Krisenstab aus erfahrenen Ex-Militärs einzuberufen, klingt vernünftig. Hoffentlich kann sich Guttenberg dazu durchringen. Schon viel zu viel Zeit ist vergeudet worden.

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