Tui rutscht tiefer in Verlustzone
Hannover - Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Dezember stieg der Verlust unter dem Strich um 89 Prozent auf fast 88 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch vor der Hauptversammlung in Hannover mitteilte. Sowohl das Reisegeschäft als auch die Container-Reederei Hapag-Lloyd lieferten rote Zahlen ab. Mit der Trennung vom Frachtgeschäft ist Tui einen Schritt weiter: Bis zum Sommer soll die Beteiligung an Hapag-Lloyd auf 22 Prozent schrumpfen.
Die Tui-Aktie reagierte am Morgen mit einem Kurssprung um fast sechs Prozent auf die Nachrichten. Wenig später lag das Papier noch mit 2,80 Prozent auf 6,381 Euro im Plus und war damit stärkster Wert im MDax. Dabei wirkten sich sowohl die Lösung für die Hapag-Lloyd-Anteile als auch die Quartalsergebnisse positiv aus. Analysten hatten unter dem Strich mit noch Schlimmerem gerechnet.
Dass es besser kam als erwartet, verdankte Tui unter anderem spendableren Urlaubern und der Verlagerung der Nachfrage nach Spanien. Dort stieg die Auslastung der Riu-Hotels, an denen Tui beteiligt ist, spürbar an. Auch die differenzierten Angebote etwa für Singles, Familien, Senioren und Sportler, verkauften sich besser. Tui versucht verstärkt Hotels anzubieten, die andere Veranstalter nicht im Programm haben, und will sich so teilweise dem Preiskampf in der Branche entziehen.
Von dieser Entwicklung getrieben, legte der Konzernumsatz um fünf Prozent auf 3,4 Milliarden Euro zu. Der Löwenanteil stammt von der Veranstaltertochter Tui Travel, die an der Londoner Börse notiert ist. Die politischen Umwälzungen in Nordafrika kamen Tui mit 30 Millionen Euro teuer zu stehen. Der operative Verlust (bereinigtes EBITA), bei dem der Konzern Sondereffekte wie Umstrukturierungskosten herausrechnet, stieg im Quartal um 23 Prozent auf 147 Millionen Euro. Reiseveranstalter schreiben im Winter meist rote Zahlen, weil sie ihre Kosten nicht decken können. Die Gewinne fahren sie in der Hauptreisezeit im Sommer ein.
Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September erwartet Tui-Chef Michael Frenzel weiterhin ein moderates Plus bei Umsatz und operativem Gewinn. Die Anteile von Minderheitsaktionären etwa bei Tui Travel eingerechnet, soll das Konzernergebnis weiterhin positiv ausfallen. Im ersten Geschäftsquartal lag es bei minus 137 Millionen Euro.
Unterdessen machten Hapag-Lloyd der Preiskampf im Frachtgeschäft und hohe Treibstoffkosten zu schaffen. Tui ist noch mit 38,4 Prozent an der Container-Reederei beteiligt und musste dafür einen Verlust von 9 Millionen Euro verbuchen. Ein Jahr zuvor hatte hier noch ein Plus von 18 Millionen gestanden.
Mit der langwierigen Trennung von der Reederei ist Tui einen Schritt weiter. Das Konsortium Albert Ballin um die Stadt Hamburg und den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, das vor drei Jahren die Mehrheit an Hapag-Lloyd erworben hatte, übernimmt bis zur Jahresmitte für 475 Millionen Euro weitere Anteile an der Reederei. Auf 22 Prozent bleibt Tui aber vorerst sitzen, wie das Unternehmen nach einer Aufsichtsratssitzung am Vorabend mitgeteilt hatte.
Tui-Finanzchef Horst Baier verspricht sich aus dem Geschäft einen Buchgewinn von 30 Millionen Euro. Insgesamt sollen dem Konzern 700 Millionen Euro zufließen, weil im Zuge des Anteilsverkaufs auch ein hochverzinster Kredit für Hapag-Lloyd abgelöst und teilweise in Aktien umgewandelt wird. Mit dem Geld hatte Tui der Reederei im Krisenjahr 2009 durch schweres Fahrwasser geholfen.
Tui will sich komplett vom Containergeschäft trennen und sich ganz auf das Reisegeschäft konzentrieren. Für seine verbliebenen Hapag-Lloyd-Aktien darf sich der Reisekonzern anschließend selbst einen Käufer suchen - oder die Anteile an die Börse bringen.
Den Verkaufserlös will Tui zur Schuldentilgung einsetzen und verstärkt ins Reisegeschäft investieren. Ob der Konzern dazu seine Veranstaltertochter Tui Travel komplett übernimmt, ließ Finanzchef Baier am Morgen offen. Es gebe dazu keine Entscheidung. Mit dem Hapag-Lloyd-Verkauf habe Tui allerdings noch genügend andere Aufgaben abzuarbeiten.