Trainieren für den Wettbewerb
Fitnessstudio, Physiotherapie, Rückenmassage, Gesundheitstage - all das gleich direkt am Arbeitsplatz. Immer mehr Unternehmen investieren in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter - und verschaffen sich so einen Wettbewerbsvorteil.
MÜNCHEN Warum sind nicht alle Arbeitgeber so wie Wolfgang Rücker? „Ich möchte, dass meine Mitarbeiter gesund bleiben“, sagt der 62-Jährige, der die AutozuliefererFirma 1970 gründete. Heute sucht er als Mittelständler verzweifelt Ingenieure. „Und die, die wir haben, sollen auch bleiben. Die wollen wir pflegen, die sollen gute Laune haben.“
Längst nicht alle, aber immer mehr Unternehmen auch in der Landeshauptstadt erkennen: Gesunde Mitarbeiter sind auch motivierte und leistungsstarke Mitarbeiter. Und im ständig härteren Wettbewerb stellen sie einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Innovationsfähigkeit, Produktivität, Fehlerquote – all das kann mit betrieblichem Gesundheitsmanagment positiv beeinflusst werden. Die Mitarbeitermotivation hat direkten Einfluss auf das Verhalten von Kunden und Unternehmensergebnissen, so eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Towers Perrin.
Eigenes Fitness-Studio
Die 300 Mitarbeiter der Rücker AG in München können sich glücklich schätzen. Ein eigenes Fitnessstudio, Physiotherapie, Rückenmassage, Gesundheitstage und ein festangestellter Sportwissenschaftler halten die Belegschaft fit.
Mehr Gesundheitsengagement der Firmen ist überfällig: Laut einer europaweiten Studie fühlen sich 60 Prozent der Beschäftigten durch ihre Arbeit gesundheitlich beeinträchtigt. Der Anteil der psychisch Erkrankten hat sich laut Bundesverband Betriebskrankenkassen seit 20 Jahren auf 7,5 Prozent verdreifacht.
Eine lohnende Investition
Den Zusammenhang von Gesundheit und Leistung hat auch der Mobilfunkanbieter O2 erkannt und 2004 ein eigenes Fitnessstudio eröffnet. Fast 1500 der mehr als 2000 O2-Mitarbeiter nehmen am Gesundheitsprogramm mit Bewegungs- und Entspannungskursen teil. Für Jaime Smith, Chef von O2 Germany geht es „vor allem darum, die Mitarbeiter für die hohen Anforderungen im sehr wettbewerbsintensiven Mobilfunkmarkt fit zu halten.“
Außerdem: Investitionen in die Mitarbeiter lohnen finanziell. Laut einer Studie der Initiative Gesundheit und Arbeit tragen entsprechende Programme dazu bei, teure Fehlzeiten um bis zu mehr als ein Drittel zu senken und „jeden hier investierten Euro zu vervier- bis zu versechsfachen.“
Konzerne wie BMW haben das erkannt: „Nur wenn wir als Unternehmen das Thema Gesundheit ernst nehmen und sich jeder einzelne Mitarbeiter gleichzeitig seiner persönlichen Verantwortung für den Erhalt seiner Gesundheit und Leistungskraft bewusst wird, werden wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein“, so Ernst Baumann, Personalvorstand von BMW.
„Forum Gesundheit“ bei BMW
Der Autohersteller hat an seinen Standorten München, Berlin und Dingolfing für 23000 Mitarbeiter ein „Forum Gesundheit“ eingerichtet – mit Raucherentwöhnungsseminaren und Kursen für Ernährung, Entspannung und Bewegung. Teilnehmen können Mitarbeiter aller Ebenen.
Dazu kommt Krankengymnastik zur Behandlung etwa von Rückenbeschwerden, Physiotherapie, Ambulanzen, ein Rettungsdienst zur Versorgung bei Befindlichkeitsstörungen sowie Vorsorge und Impfung bei Auslandsreisen in gefährliche Länder, so Dr. Joachim Bischof, Leiter des Gesundheitsmanagements der BMW Group. Sahnehäubchen ist ein „Risiko-Score“: „Um zu messen, wie groß das Risiko ist, innerhalb von zehn Jahren an einem tödlichen Herzinfarkt oder Gehirnschlag zu sterben, messen wir mit Ultraschall die Durchlässigkeit der Halsschlagader“, so Bischof.
Vielen Mitarbeitern, die Mobbing, Stress und Burnout ausgeliefert sind, würden dabei schon einfachere Dinge helfen – zum Beispiel Wertschätzung für die erbrachte Leistung: „Wem der Chef im Nacken sitzt, dem hilft auch keine Rückenschule“, so Sabine Vormanns, Leiterin Gesundheitsmanagement der Techniker Krankenkasse. H.Sieger
- Themen:
- BMW