ThyssenKrupp drohen tiefrote Zahlen
Essen - Bei einer Sitzung am Montagabend soll der Aufsichtsrat des Konzerns zunächst den Rauswurf der Hälfte des Konzernvorstands beschließen.
Im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2011/2012 (Ende September), der an diesem Dienstag vorgelegt werden soll, drohen Analystenschätzungen zufolge Milliarden-Abschreibungen für die Stahlwerke in Übersee. Unter dem Strich wird erneut ein Milliarden-Verlust erwartet.
Compliance-Vorstand Jürgen Claassen, Technologie-Vorstand Olaf Berlien und Stahl-Vorstand Edwin Eichler sollen bereits zum Jahresende ihre Posten räumen. Hintergrund sind unter anderem drohende Milliardenverluste bei den Stahlwerkprojekten in Übersee. An den Personalien solle bei der Sitzung am Montag nicht mehr gerüttelt werden, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Zugleich dürfte es harte Kritik an Aufsichtsratschef Gerhard Cromme geben. Er hatte sämtliche Entscheidungen zum Bau der neuen Stahlwerke mitgetragen.
In seiner Sitzung soll der Aufsichtsrat nicht nur über das weitere Schicksal der Manager entscheiden, sondern auch den Abschluss für das zurückliegende Geschäftsjahr 2011/2012 (30.9.) billigen. Beobachter gehen davon aus, dass es wegen der anhaltenden Probleme im Stahlwerkgeschäft in Übersee zu weiteren Milliarden-Abschreibungen kommen könnte. Analysten schließen Belastungen von mehr als drei Milliarden Euro nicht aus. Die zum Verkauf stehenden Werke standen zuletzt noch mit rund sieben Milliarden Euro in den Büchern. Jüngst wurde über einen Verkaufspreis von drei bis vier Milliarden Euro spekuliert.
Bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr 2010/2011 war der Konzern mit 1,8 Milliarden Euro tief in die roten Zahlen gerutscht. Hintergrund waren Wertberichtigungen von insgesamt 2,9 Milliarden Euro. Davon musste der Konzern allein 2,1 Milliarden Euro auf das Stahlgeschäft in Brasilien und den USA abschreiben.
Bei der Aufarbeitung des Schienenkartells kündigte das Unternehmen an, Schadenersatzansprüche gegen die Kartellbeteiligten geltend machen zu wollen. Man habe bei der Aufarbeitung des Kartells im Sinne von "Null Toleranz" bereits hart durchgegriffen und personelle Konsequenzen gezogen, teilte das Unternehmen mit. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) soll geplant sein, einen ehemaligen Spartenvorstand auf Schadenersatz von 103 Millionen Euro zu verklagen. Das ist der Betrag, den das Bundeskartellamt dem Konzern als Strafe aufbrummte. Der Ex-Manager bestreite alle Vorwürfe, hieß es.
Kommen weitere Belastungen aus Schadenersatzklagen der Deutschen Bahn und anderer geschädigte Verkehrsunternehmen hinzu, will ThyssenKrupp diese laut Zeitung ebenfalls weiterreichen. Allerdings wachsen auch die Zweifel an der Rolle der Deutschen Bahn in dem Kartellfall. Laut "Handelsblatt" soll der Konzern schon im Jahr 2000 von den illegalen Preisabsprachen erfahren haben, ohne diese zu unterbinden. Das Kartell war erst 2011 zerschlagen worden. Die Deutsche Bahn wies die Vorwürfe zurück.