Telekom soll eigene Führung ausgespäht haben
Aufsichtsräte, Journalisten und Betriebsräte - sie alle waren im Visier der Telekom-Schnüffler. Doch damit offenbar nicht genug: Auch die gesamte Führungsspitze soll unter ständiger Beobachtung gestanden haben.
In der Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom sollen nach einem «Spiegel»-Bericht auch eigene Vorstände wie Finanzchef Karl-Gerhard Eick ins Visier der konzerninternen Fahnder geraten sein. Laut internen Untersuchungsberichten des Unternehmens sind demnach Reise- und Kalenderdaten von ihm und anderen Vorstandskollegen heimlich ausgewertet worden, um mögliche Informationslecks zu finden.
Ein Telekom-Sprecher sagte am Samstag der Nachrichtenagentur AP: «Es gibt entsprechende Behauptungen eines Beschuldigten.» Die Unterlagen dazu seien «wie sämtliches Material im Mai 2008 an die Staatsanwaltschaft gegangen. Der Wahrheitsgehalt auch dieser Behauptungen muss sich im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft klären». Die Telekom könne den Bericht weder bestätigen noch dementieren, fügte der Sprecher hinzu.
«Selbst Aufenthaltsorte ausgespäht»
Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht die Schnüffelaffäre seit dem Frühjahr 2008. Nach Angaben der Ermittler hat das Unternehmen auf der Suche nach undichten Stellen in den Jahren 2005 und 2006 die Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten der Telekom, Angehörigen des Betriebsrats, Journalisten, aber auch von Dritten wie Verdi-Chef Frank Bsirske ausgespäht, die mit dem Konzern nicht unmittelbar zu tun haben.
Laut «Spiegel» hat es neben den illegalen Aktionen der Konzernsicherheitsabteilung KS 3 um deren in Untersuchungshaft sitzenden Leiter Klaus T. ein weiteres, von der damaligen Telekom-Spitze um Kai-Uwe Ricke legitimiertes Bespitzelungsprogramm gegeben. «Dabei wurden auch Ex-Manager und amtierende Vorstände umfänglich überprüft. Selbst Aufenthaltsorte wurden ausgespäht.» Die gesamte ehemalige und damals aktuelle Firmenspitze habe quasi unter ständiger Beobachtung der Konzernsicherheit gestanden, heißt es weiter. Neben Ex-Telekom-Chef Ron Sommer und seinem Pressesprecher Jürgen Kindervater hätten viele auch amtierende Spitzenmanager als Verdächtige gegolten, darunter Personalchef Heinz Klinkhammer, Festnetzchef Walter Raizner und Finanzvorstand Eick, der Ende des Monats an die Spitze von Arcandor wechselt.
Springer weist Bericht über Schnüffelei bei «Bild» zurück
Der Springer-Verlag wies am Samstag die Darstellung des «Spiegels» zurück, wonach es auch in der Redaktion der «Bild»-Zeitung Spähattacken gegeben haben könnte. «Es ist für uns absolut unvorstellbar, dass ein Mitarbeiter der ,Bild'-Redaktion Informationen an die Telekom weitergegeben hat, und uns liegen auch keine Erkenntnisse darüber vor», erklärte «Bild»-Sprecher Tobias Fröhlich. Der «Spiegel» hatte berichtet, der damalige Konzernchef Ricke sei noch kurz vor seiner Ablösung im November 2006 über den Stand der Ermittlungen zu Indiskretionen im Konzern unterrichtet worden. Dabei seien auch «Interna aus Redaktionssitzungen» der «Bild»-Zeitung erwähnt worden. Nach Angaben der Telekom sei aber unklar, ob es dort wirklich einen Schnüffler gegeben habe. Falls es dafür ernstzunehmende Belege gebe, werde man der Sache mit aller Konsequenz nachgehen, sagte Fröhlich weiter. «Der Vorwurf ist sehr schwerwiegend und wir erwarten eine vollständige Aufklärung». Er betonte aber, bei Redaktionssitzungen von «Bild» gebe es häufig Gäste - Informationen aus denen von ihnen besuchten Konferenzen seien nicht vertraulich. (AP)
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