Täglicher Einkaufskampf

MÜNCHEN - Zu schmale Gänge, zu kleine Preisschilder, fehlende Toiletten, kaum Personal. Senioren kommen in vielen Supermärkten kaum zurecht, klagen Verbraucherschützer. Sie wollen die Geschäfte seniorenfreundlicher machen.
Einkaufen – für viele junge Menschen eine entspannende Tätigkeit – artet für Else Seibt regelmäßig in Stress aus. Die 88-Jährige ist leicht sehbehindert, klagt: „Die Preisschilder kann ich kaum entziffern.“ In Drogerien wie Schlecker traut sie sich selten: „Dort ist es furchtbar eng“. Zudem wünscht sich die alleinstehende Rentnerin mehr Single-Packungen, „aber bitte nicht doppelt so teuer“.
Die Probleme kennt auch Rose Schlömer. Die 70-Jährige geht an Stöcken. Sie wünscht sich Sitzgelegenheiten im Supermarkt, um „mal durchschnaufen“ zu können. „Es wäre auch schön, wenn mir jemand beim Einpacken helfen würde.“ Beschwerden wie diese hören die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Bayern oft. Deshalb haben die Verbraucherschützer bayernweit ältere Kunden aufgerufen, ihren Supermarkt zu testen.
„Das Einkaufen muss seniorenfreundlicher werden - diese Forderung werden wir mit der Umfrage gegenüber Politik und Handel untermauern können“, sagt Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern. Senioren-Supermärkte hält Danitschek für einen interessanten Ansatz. Allerdings seien das oft nur Pilotprojekte. „Nötig sind flächendeckende Verbesserungen“.
"Oma geht wieder allein einkaufen"
Die Supermarktkette Edeka betreibt seit 2005 in Nordbayern, Thüringen und Sachsen mehrere „Supermärkte der Generationen“. Dort gibt es extrabreite Gänge mit rutschfestem Belag. Auch die Preisschilder sind groß, zur Not gibt es Lupen. Ruhebänke laden zum Verweilen ein. Das Feedback der Kunden reiche von „Ich komme mir nicht mehr so gehetzt vor“ bis „Meine Oma geht wieder allein einkaufen“, sagt Edeka-Pressereferentin Ulrike Stöcker. In Südbayern hat die Lebensmittelkette vor kurzem zwei Märkte in Ingolstadt und Bad Füssing zu „50 Plus Märkten“ umgerüstet. Hier gibt es Lupen, Rollstuhlfahrer gerechte Toiletten, Kassen und Einkaufswagen. In der Ruhezone mit Wasserautomaten können die Kunden auch Blutdruck messen – ein Service, den selbst jüngere Kunden in Anspruch nehmen.
Dennoch könnten rein auf Senioren ausgerichtete Geschäfte nicht die Lösung sein, schließlich sollen sich Senioren nicht abgestempelt fühlen, sagt Stefanie Franz von der Agentur für Generationenmarketing. Sinnvoller sei es, Geschäfte freundlich zu gestalten. Darauf warten Else Seibt und Rose Schlömer bisher vergeblich. Else Seibt bittet daher lieber ihre Nachbarin, für sie einzukaufen.
Elena Panagiotidis