Studie: So kommt das Elektroauto im Mehrfamilienhaus an

Der Kampf um die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland entscheidet sich auch in den Tiefgaragen und Parkplätzen von Mehrfamilienhäusern. Entsteht dort gute Ladeinfrastruktur, kann das zum Hebel werden, um den Hochlauf zu beschleunigen, heißt es in einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des Bundesforschungsministeriums. Doch der Weg dorthin ist nicht leicht. Ein Überblick.
Warum sind Mehrfamilienhäuser wichtig?
Aktuell werden rund 80 Prozent der Elektroautos zu Hause geladen, heißt es vom ISI. Das passiert vor allem in Einfamilienhäusern, wo das Anbringen einer Lademöglichkeit in der Regel verhältnismäßig einfach ist. Doch sehr viel mehr Wohnungen - meist zur Miete - finden sich in Mehrparteienhäusern. Dort ist also noch sehr viel mehr Potenzial für künftige Elektroautofahrer - allerdings sind die Bedingungen für Ladeinfrastruktur dort auch "herausfordernder". Und dass es eine (private) Ladeinfrastruktur gibt, ist für viele Menschen eine Voraussetzung dafür, sich ein Elektroauto anzuschaffen.
Wie ist die rechtliche Situation?
Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich laut ISI vereinfacht: So sei ab 2026 in allen Bundesländern keine Baugenehmigung mehr nötig, um Ladepunkte einzurichten. Zudem profitierten private Ladepunkte von aktuellen Erleichterungen bei Netzentgelten und der Stromsteuer für bidirektionales Laden. Und bei Neubauten und Renovierungen gebe es Vorgaben zur Vorbereitung für Lademöglichkeiten. Dennoch sei die Umsetzung von Ladeinfrastruktur in Mehrparteienhäusern "weiterhin komplex", heißt es vom Fraunhofer-Institut.
Grundsätzlich haben sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter einen Anspruch, dass ihnen angemessene Umbauten für Ladeinfrastruktur erlaubt werden. Die Kosten - im Fall von Mietern gegebenenfalls auch für einen späteren Rückbau - müssen sie aber selbst tragen.
Welche Schwierigkeiten sieht die Wohnungswirtschaft?
Für die Studie interviewten die Forscher auch kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften mit jeweils Tausenden Wohnungen. Eine der zentralen Sorgen der Wohnungswirtschaft ist demnach, dass die künftige Nachfrage nach Ladepunkten als unsicher wahrgenommen wird. Oft lohne sich der Aufbau wirtschaftlich noch nicht. Zudem gebe es insbesondere in Städten oft nicht genug Stellplätze für alle Autos, sodass es zu Konflikten führen könne, wenn reine Elektro-Parkplätze ausgewiesen würden.
Gleichzeitig kann Ladeinfrastruktur nach Ansicht der Autoren einen Standort für Mieter auch attraktiv machen. Das ist insbesondere dort relevant, wo das Wohnungsangebot größer als die Nachfrage ist.
Wie stehen die Bewohner zur Ladeinfrastruktur?
Eine Umfrage unter 1.472 Bewohnern von Mehrparteienhäusern mit eigenem Auto und häufig eigenem Stellplatz bestätigt die Bedeutung eigener Lademöglichkeiten. So wurde die heimische Wallbox am häufigsten als wichtigster Ladepunkt genannt. Dies galt insbesondere für Eigentümer. Sie wird von den Befragten auch klar als attraktivste Lademöglichkeit genannt.
Dabei gaben die Befragten durchaus an, bereit zu sein, ein Stück zur nächsten Lademöglichkeit zu gehen. Gut die Hälfte würde dabei mehr als 100 Meter weit gehen, knapp ein Drittel sogar 250 Meter oder weiter.
Eine wichtige Rolle spielt in der Regel auch, wie viel Geld für das Tanken ausgegeben werden muss. Fahrer von Verbrennern gaben in der Umfrage im Schnitt 11,64 Euro pro 100 Kilometern an, Fahrer von Elektroautos kamen mit 7,26 Euro billiger davon. Die theoretische Zahlungsbereitschaft im Fall, ein Elektroauto zu besitzen, fällt allerdings geringer aus. Sie lag in der Umfrage bei 6,84 Euro. Das entspricht dem Fraunhofer-Institut zufolge in etwa dem durchschnittlichen Haushaltsstromtarif.
Die im März und April befragten Personen waren in Bezug auf Geschlecht, Alter, Einkommen und Bundesländer "nahezu repräsentativ" für Deutschland, Mieter waren allerdings unterrepräsentiert.
Was empfehlen die Autoren der Studie?
Die Autoren mahnen eine verlässliche Unterstützung des Aufbaus von Ladeinfrastruktur in Mehrparteienhäusern an - inklusive finanzieller Unterstützung. Dadurch könnten Unsicherheiten abgebaut und die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Zudem müsse die rechtliche Komplexität zügig weiter reduziert werden.
"Beim Laden für Bewohnende von Mehrparteienhäusern gibt es keine one-size-fits-all-Lösung", sagt Annegret Stephan, die das Projekt am Fraunhofer ISI geleitet hat. "Für einen effizienten Ausbau können unterschiedliche Lösungen ausgewählt und gegebenenfalls auch kombiniert werden. Neben den lokalen Gegebenheiten sind auch die Präferenzen der Bewohnenden entscheidend."