Strafbare Dummheit?

Die Frage ist: Wer trägt die Schuld - der Einzelne oder das System? AZ-Redakteurin Susanne Stephan über die Razzia bei der Landesbank in Stuttgart.

Das gab’s in dieser Form früher nicht: Gegen Manager und Ex-Manager öffentlich-rechtlicher Banken wird ermittelt – nicht, weil sie gelogen oder die Öffentlichkeit irregeführt, sondern allein deswegen, weil sie sich verspekuliert haben. Sieben Führungskräfte der baden-württembergischen Landesbank LBBW, darunter der frühere Vorstandschef Siegfried Jaschinski, müssen vermutlich demnächst vor Gericht erklären, warum sie das Vermögen der größten deutschen Landesbank durch Geschäfte mit US-Hypothekenanleihen gefährdet haben.

Unwissen (oder Unfähigkeit) schützt vor Strafe nicht – nach diesem Prinzip geht die Staatsanwaltschaft auch gegen Ex-BayernLB-Chef Werner Schmidt vor, der die österreichische Hypo Alpe Adria für den Märchenpreis von 1,7 Milliarden Euro gekauft hatte. Und frühere Vorstände der angeschlagenen HSH Nordbank müssen sich auf Schadenersatzklagen gefasst machen.

Wie dumm darf ein Banker sein? Das Argumentationsmuster früherer Finanz-Hasardeure auf dem Bondmarkt ist absehbar: Praktisch alle großen Finanzinstitute waren an dem Handel mit US-Ramschanleihen beteiligt, jeder hatte seine Zweifel – doch letztendlich machte jeder mit, weil Anteilseigner und Kollegen es von ihm erwarteten. Das führt zu einer prinzipiellen Frage: In wieweit darf ein Einzelner für das Versagen eines gesamten Systems verantwortlich gemacht werden? Wer sehenden Auges in die Katastrophe rennt, ist mit dran schuld, lautet das öffentliche Urteil heute. Aber diese Erkenntnis kommt im Nachhinein, und sie kommt zu spät.