Steuerskandal: Mindestens 200 Millionen Euro verschoben
In der Affäre um Steuerhinterziehung über Liechtensteiner Stiftungen haben sich schon zahlreiche Verdächtige bei den Behörden selbst angezeigt. Allein das bayerische Landesamt für Steuern meldete 49 Selbstanzeigen von Steuersündern.
In der Affäre um Steuerhinterziehung über Liechtensteiner Banken sind mindestens 200 Millionen Euro am Fiskus vorbei ins Ausland geschafft worden. Bei 150 Beschuldigten habe es in den vergangenen Tagen Durchsuchungen gegeben. Das teilte die Staatsanwaltschaft Bochum am Dienstag in einer vorläufigen Bilanz mit. Das Geld wurde nach den Ermittlungen auf Konten oder in Schließfächern geparkt oder mit Unterstützung von Bankmitarbeitern in Stiftungen angelegt. Der Steuerschaden sei „immens“.
91 der Verdächtigen hätten bereits gestanden und Abschlagzahlungen in Höhe von bisher 27,8 Millionen Euro geleistet. Weitere Zahlungen in ähnlicher Höhe seien angekündigt. Die Summe erhöhe sich ständig. Die Behörde verzeichnete außerdem 72 Selbstanzeigen. Ermittelt werde auch gegen drei deutsche Banken.
Fast 50 Selbstanzeigen in Bayern
Das bayerische Landesamt für Steuern meldete am Dienstag 49 Selbstanzeigen von Steuersündern.
34 Einsätze in München
Mit 34 Einsätzen war München ein Schwerpunkt der tagelangen bundesweiten Razzien. Die bisher gezahlten „Sicherungsleistungen“ – alleine vier Millionen Euro des zurückgetretenen Postchefs Klaus Zumwinkel – überträfen die Ausgaben des Bundesnachrichtendienstes (BND) für das Informationsmaterial schon jetzt bei weitem.
Unterdessen verstärkt sich die Kritik am Vorgehen der Behörden in dem Fall. Der Vorsitzende der deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, kritisierte im Fernsehsender N24 die Fernsehübertragung der Razzia bei Zumwinkel als „doppelten Fehler“: Das Kamerateam hätte den Postchef warnen können und viele andere Beschuldigte hätten nach den Bildern „den Schredder bedient“.
Laut „Süddeutscher Zeitung“ (Dienstag) hat die Namensnennung des Informanten, der dem BND die Daten zur Aufdeckung der Steueraffäre verkauft hatte, zu „erheblicher Verstimmung im Kanzleramt“ geführt. Normalerweise sprächen Sicherheitsbehörden nie über ihre Quellen.
Ermittlungen auch in Großbritannien
Die dänische Regierung stufte die vom BND gekauften Daten über Konten in Liechtenstein als „Hehlerware“ ein. Steuerminister Kristian Jensen sagte dazu der Kopenhagener Zeitung „Børsen“ (Dienstag): „Wir haben nicht vor, gestohlene Angaben zu verwenden. Und wir bezahlen nicht für gestohlene Angaben.“
Nach britischen Presseberichten ermittelt auch Großbritannien gegen hunderte Menschen, die Steuern in Liechtenstein hinterzogen haben sollen. Die britische Steuerbehörde HMRC habe zudem 100 000 Pfund (rund 133 000 Euro) für die Informationen auf einer DVD bezahlt, berichteten mehrere britische Zeitungen am Dienstag.