Steuerdebatte: Nach der Wahl ist Zahltag für die Reichen

Der deutsche Schuldenberg steigt bis Ende 2009 auf 1,7 Billionen Euro. Experten rechnen deshalb mit Steuererhöhungen nach der Wahl. Sie schlagen vor, Vermögende stärker zur Kasse zu bitten - und die Banken.
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BERLIN/MÜNCHEN - Der deutsche Schuldenberg steigt bis Ende 2009 auf 1,7 Billionen Euro. Experten rechnen deshalb mit Steuererhöhungen nach der Wahl. Sie schlagen vor, Vermögende stärker zur Kasse zu bitten - und die Banken.

Was nach der Bundestagswahl kommt, ist für die meisten Bürger jetzt schon klar. Die Steuern steigen, glauben drei Viertel der Deutschen laut einer Umfrage.

Die Skepsis der Wähler ist berechtigt. Denn die Finanzlage des Staates ist dramatisch. Wegen der Wirtschaftskrise wächst der deutsche Schuldenberg bis Ende 2009 auf 1,7 Billionen Euro. Ein Konzept zum Schuldenabbau fordert daher der Chef des Bundesrechnungshofs: „Es ist illusorisch zu glauben, dass die Schulden von alleine im Aufschwung abgebaut werden“, warnt Dieter Engels.

„Nach der Wahl geht das große Heulen und Zähneklappern los“, meint auch Stefan Bach. Der Ökonom am DIW-Institut glaubt: Es kommen etliche Gemeinheiten auf die Bürger zu. „Höhere Mehrwertsteuer, mehr Sozialabgaben, die Rente wird nicht mehr steigen.“ Ausbaden müssten das vor allem Geringverdiener.

Bach schlägt deshalb vor: Die Regierung solle Vermögen stärker belasten. Hintergrund: Im internationalen Vergleich langt Deutschland bei den Vermögensteuern nur zaghaft zu (siehe Grafik und Kasten). Hebt man die Belastung auf internationales Niveau an, bringt das dem Fiskus jährlich 25 Milliarden Euro. Bach sieht drei Wege, um Vermögende stärker zur Kasse zu bitten.

Grundsteuer anheben. Der Steuer auf Immobilien liegen jahrzehntealte Einheitswerte zugrunde. Eine Erhöhung würde wohlhabende Immobilienbesitzer treffen – allerdings auch normale Häuslebauer und Mieter. Die würden bezogen auf ihr Einkommen sogar überproportional belastet. Ausgleichen könnte man das über die Vermögensteuer.

Vermögensteuer erhöhen. Sie gibt es seit 1997 nicht mehr. Eine Steuer von einem Prozent auf Vermögenswerte brächte im Jahr bis zu 21 Milliarden Euro, rechnet Bach vor. „Eine solche Abgabe wirkt jedoch wie eine sehr hohe Ertragssteuer“, sagt der Experte. Die Folge: Viele Reiche könnten steuerflüchtig werden. Der Schuss ginge dann nach hinten los.

Kapitaleinkommen abschöpfen. Statt übers Vermögen könnte man Reiche über höhere Steuern auf Kapitaleinkommen und Firmensteuern zur Kasse bitten, so Bach. Ein Weg dahin: Ausnahmen bei der Gewinnermittlung abschaffen. Nachteil: Deutschland fiele im internationalen Steuerwettbewerb zurück.

Ein ganz anderer Vorschlag kommt deshalb vom IWH-Institut in Halle. Dessen Chef Ulrich Blum will nicht Vermögende bluten lassen – sondern die Banken. Sie sollen für Zinsen und Tilgung der Staatsschulden mitaufkommen. Schließlich seien sie an dem ganzen Debakel Schuld.aja

Info: Deutschland verschont die Betuchten

Im internationalen Vergleich belastet Deutschland das Vermögen seiner Bürger relativ wenig. Das Aufkommen an vermögensbezogenen Steuern liegt bei 0,9 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Großbritannien sind es 4,4 Prozent (siehe Grafik).

Direkte Steuern auf den Wert des Gesamtvermögens, das ein Bürger besitzt, gibt es nur noch in wenigen Ländern wie der Schweiz, Luxemburg oder Frankreich. In Großbritannien und den USA stammt der Löwenanteil der Vermögens-Steuern aus der Grundsteuer.

In Spanien, Italien und Irland sind Kapitalverkehrssteuern wichtig, also etwa Steuern auf Geschäfte mit Aktien oder Devisen. Eine geringe Rolle spielt in den meisten Ländern die Erbschaftsteuer.

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