"Sparen ist nicht das Wichtigste"
Der Bauingenieur Prof. Josef Zimmermann ist Ordinarius am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement der Technischen Uni München
AZ: Was wird die wichtigste Aufgabe für Mehdorn in seiner ersten Arbeitswoche?
JOSEF ZIMMERMANN: Sich mit allen Fachleuten zusammenzusetzen, die bei der Flughafengesellschaft überhaupt noch an Bord sind, und sie fragen, wo die Probleme sind. Demnächst muss er mit dem Fähigsten aus diesem Kreis auf das Baugelände fahren. Dort kann man ja sehen, wie weit die Arbeiten sind, welche Firmen überhaupt tätig sind. Anhand der Unterlagen sieht er, ob es für diese Firmen einen Zeitplan gibt, ob ihnen jemand auf die Finger sieht, ob der Plan eingehalten wird.
Sie sprachen von „allen Fachleuten, die noch an Bord sind“ – aber das sind ja nicht mehr so viele. Das bedeutet vor allem: Das Wissen des geschassten Geschäftsführers Rainer Schwarz und des Architekten-Büros von Meinhard von Gerkan fehlt. Soll er die wieder ins Boot holen?
Meiner Meinung nach schon. Mehdorn muss diesen Flughafen so schnell wie möglich fertigstellen, und zwar in der Qualität, die man erwartet. Dafür muss Mehdorn alle Wissensträger mobilisieren. Es kann nicht sein, dass, wie früher bei der Betreibergesellschaft geschehen, jemand den großen Mann markiert, indem er wichtige Beteiligte rausschmeißt. Natürlich muss Mehdorn realistisch sein: Mit von Gerkan befindet sich die Flughafengesellschaft im Rechtsstreit. Denen muss man etwas anbieten, den Konflikt beilegen.
Mal angenommen, es läuft weiter so wie bisher. Ist dann eine Fertigstellung vor 2020 realistisch?
Mehdorn fehlt eine Menge Wissen, weil er kein Bau-Fachmann ist. Schon die Idee, der frühere Frankfurter Flughafen-Geschäftsführer Wilhelm Bender könne BER weiterbauen, war grenzwertig. Einen Flughafen zu leiten ist schließlich etwas anderes, als ihn zu bauen! Es gibt viele Menschen, die glauben, sie wissen, wie ein Bau funktioniert. Aber ein Großprojekt ist etwas anderes als der Einbau von neuen Fenstern im Eigenheim.
Und Mehdorn?
Ich frage mich auch, warum man auf Mehdorn gekommen ist – und warum Mehdorn den Job angenommen hat. Es ist ja nicht so, dass es in der Branche keine guten Führungskräfte mit Erfahrung oder dass es keine Personalberater gäbe. Aber die Mitglieder des Aufsichtsrates scheinen nur ihre Dinnerkarten der letzten fünf Jahre durchgegangen zu sein, so dass sie irgendwann auf Mehdorn kamen. Mehdorn hat in früheren Positionen zum Teil auch gute Arbeit abgeliefert. Er hat bei der Bahn bewiesen, dass er sparen kann. Aber Sparen ist nicht das Wichtigste bei einem Großflughafen. Der kostet am Ende, was er eben kostet. Bei so einem Projekt braucht es Kreativität, eine genau Kenntnis der Gestaltungsplanung. Es ist ja auch die Planfeststellung noch nicht in trockenen Tüchern. Dazu ist im Aufsichtsrat niemand, der mal eine fachkundige Frage stellen könnte. Alles in allem fehlt mir das Vertrauen in diese Projektgesellschaft. Ist sie qualitativ hinreichend besetzt? Mein Bauchgefühl sagt: nein. Int.: sun