Späte Abrechnung

Udo Schneider war einmal ganz dicke mit den Infineon-Bossen, dann stürzte er ab. Jetzt schwärzt er seinen Ex-Kumpel Ulrich Schumacher vor Gericht nach allen Regeln der Kunst an
von  Abendzeitung
Wer lügt? Ulrich Schumacher sieht sich von Udo Schneider  verleumdet. Schneider präsentiert sich als Opfer des Ex-Infineon-Bosses.Foto: ddp/dpa
Wer lügt? Ulrich Schumacher sieht sich von Udo Schneider verleumdet. Schneider präsentiert sich als Opfer des Ex-Infineon-Bosses.Foto: ddp/dpa © az

Udo Schneider war einmal ganz dicke mit den Infineon-Bossen, dann stürzte er ab. Jetzt schwärzt er seinen Ex-Kumpel Ulrich Schumacher vor Gericht nach allen Regeln der Kunst an

MÜNCHEN Intrigen, Rache, Erpressung – das Strafverfahren gegen Ex-Infineon-Boss Ulrich Schumacher wirft ein wenig schmeichelhaftes Licht auf die frühere Chefetage des Konzerns. Vor dem Münchner Landgericht hatte am Donnerstag Udo Schneider seinen Auftritt, Ex-Duzfreund von Schumacher und Ex-Abstauber im profitablen Motorsport-Sponsoring.

„Ich bin nicht käuflich“, hatte Schumacher noch am Montag vor Gericht beteuert. Nie und nimmer habe er sich als Gegenleistungen für lukrative Aufträge von Udo Schneider schmieren lassen.

Dieser erinnert sich ganz anders. Ende der 90er Jahre – das war seine ganz große Zeit. Damals kümmerte sich Schneiders Firma BF Consulting unter anderem darum, dass der Infineon-Schriftzug prominent auf Rennwägen geklebt wurde. Um sich seine Ansprechpartner bei Infineon, vor allem Schumacher und den damaligen Vorstand Andreas von Zitzewitz, gewogen zu halten, organisierte und zahlte Schneider für sie die Teilnahme an Autorennen.

„Ich war in einer großen Welt, durfte mit den großen Hunden pinkeln"

Hochgetunte Motoren, auch mal ein Masseur für die Hobby-Rennfahrer, teure Essen – „ich war in einer großen Welt, durfte mit den großen Hunden pinkeln“, erinnert sich Schneider. „Es war eine wunderschöne Zeit.“

Schneider selbst setzte sich ebenfalls hinters Steuer, schwelgte im Geschwindigkeitsrausch. „Wir waren wirklich gut.“ Auch außerhalb der Rennen will Schneider Schumacher geschmiert haben – allein 2003 mit 300000 Dollar. „Ich habe alles für ihn getan.“

Mittlerweile sind die „großen Hunde“ bei Infineon und der Staatsanwaltschaft in Ungnade gefallen, Schneiders Firma bankrott. Und Schneider gibt den Zerknirschten, der nach seiner Verhaftung böse von Schumacher enttäuscht wurde – weil dieser ihn hintergangen, sogar seine Freundin finanziell unter Druck gesetzt habe.

So weit die Schilderung Schneiders. So weit – so klar? Klar ist, dass Infineon bei der Wahrheitsfindung vor Gericht die Finger mit ihm Spiel hat: Von einer Klage gegen Udo Schneider sah der Konzern erst ab, als sich dieser schriftlich verpflichtete, zur Aufklärung der Sponsoring-Mauscheleien beizutragen. Für Infineon geht es möglicherweise um eine Menge Geld: Sollte Schumacher der Untreue schuldig gesprochen werden, weil er sich von Schneider schmieren ließ, könnte der Konzern vielleicht Forderungen gegen den Ex-Boss geltend machen. Das weiß auch Udo Schneider. Für ihn ist Schumacher gestorben – und neue Freunde wichtiger.sun

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