Soll die Chip-Karte kommen?

Die AZ-Redakteure Anja Timmermann und Georg Thanscheidt über Vor- und Nachteile der Chipkarte für Hartz-IV–Kinder.
PRO
Die Chip-Karte gehört zu den besseren Ideen von Frau von der Leyen: Sie hilft Kindern zielgenau. Mag sein, dass es nur die wenigsten für Flöten-Unterricht ausgeben, aber Sport, Zoo und Klassenfahrt sind genau die Form von „gesellschaftlicher Teilhabe“, die arme Kinder bisher kaum haben. Genauso sinnvoll ist das Schulessen per Chipkarte oder die Nachhilfe.
Man muss die Karte nicht als negativ für die Eltern begreifen; sondern halt als positiv für die Kinder. Sicher gibt es viele heile Familien, in denen der Nachwuchs optimal gefördert wird. Aber in den anderen, wo dies nicht immer so ist, wäre eine Karte für das Kind genau richtig. Kein anderes Industrieland der Welt gibt so viel Geld aus, das direkt ins Portemonnaie der Eltern fließt. Wo es hakt, ist die Förderung der Kinder.
Anja Timmermann
KONTRA
Weil die Politik bei der Berechnung der Hartz-IV-Sätze für Kinder geschlampt hat, will Frau von der Leyen jetzt armen Kindern eine Chip-Karte in die Hand geben. Damit sollen sie Nachhilfestunden und Musikunterricht bezahlen – wie in Stuttgart schon möglich. Dort allerdings gehen die Karten-Kinder damit lieber ins Freibad und in den Zoo. Auch nicht schlecht, aber wohl kaum im Sinne der Erfinderin.
Die will zudem verhindern, dass Hartz-IV-Kinder „stigmatisiert“ werden. Nur werden die anderen Kinder weiterhin mit Bargeld oder gar EC-Karte zahlen, während Hartz-IV-Kinder durch digitale Tauschwirtschaft auffallen. Hinzu kommt: Viele Kommunen wie München und Nürnberg haben schon gut funktionierende Pass-Systeme für Bedürftige – ganz ohne teure Lese-Geräte.
Georg Thanscheidt