Signale und Probleme
Ein neues Gesicht – aber wenigstens eins mit Konturen: Georg Thanscheidt über den Gotzinger Platz und andere Plätze der Stadt.
Viele Münchner mögen von einer unsichtbaren Moschee träumen: Von einem muslimischen Gotteshaus, das nicht auffällt. Dessen Minarette sich nicht in den Münchner Himmel recken. Und vielleicht sogar von Gläubigen, die genau so unauffällig sind wie die Bauwerke, in denen sie beten.Wenn die Moschee am Gotzinger Platz gebaut wird, wird sich dieser Wunsch nicht erfüllen. Und das ist gut so.
Viel zu lange mussten Mitglieder der drittgrößten Konfession der Stadt in Hinterhöfen und Gebetshäusern in Industriegebieten ihre Religion ausüben. Integration sieht anders aus – deswegen wäre die Errichtung einer Moschee für mehr als 30 000 Muslime im Stadtgebiet ein Fortschritt. Und es wäre ein positives Signal, dass in der Silhouette der Stadt neben den Türmen von St. Korbinian und der Frauenkirche auch Platz für zwei Minarette ist.
Wurden doch die welschen Hauben der Frauenkirche einst auch nach dem Vorbild des Felsendoms von Jerusalem, der schon damals eine Moschee war, erbaut.
Der Gotzinger Platz erhielte durch die Moschee sicher ein neues Gesicht – aber immerhin eins mit Konturen. Davon sind andere Plätze im Stadtgebiet – wie der Ratzinger-, der Schweizer oder der Kolumbusplatz – weit entfernt. Sie dienen vorrangig als Straßenkreuzungen oder Abstellflächen für Altpapier- Container. Sicher kann nicht jeder Platz einer italienischen Piazza ähneln. Aber Stadtplanung mit menschlichem Antlitz sieht anders aus.
Man wünscht sich, die Politik würde sich um alle Plätze so engagiert kümmern wie um den Gotzinger Platz.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung
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