Schuften für Apple

Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen: Apple verkauft mit seinen Geräten gute Laune, ist im Umgang mit den Beschäftigten aber humorfrei  
von  sun

Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen: Apple verkauft mit seinen Geräten gute Laune, ist im Umgang mit den Beschäftigten im Ausland und in Deutschland aber humorfrei

MÜNCHEN/PEKING - Kulturwandel beim Menschenschinder? Nach jahrelangen internationalen Protesten gegen die Arbeitsbedingungen gibt der wichtigste Apple-Lieferant Foxconn nach. In einer seiner Firmen in China entsteht ein Betriebsrat, berichteten Nachrichtenagenturen gestern. Ob das Gremium tatsächlich für die Arbeiter eintritt, muss sich erst zeigen – zu tun gäbe es bei Apple und seinen Zulieferern für die Beschäftigten viel.

Foxconn war wiederholt wegen Hungerlöhnen, Kinderarbeit und schlechter Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geraten: 60 Stunden Arbeit und mehr pro Woche, ein Euro Lohn pro Stunde, Arbeiter-Wohnheime, in denen sich bis zu 14 Personen einen Raum teilen. Selbstmorde aus Verzweiflung. 2010 erschütterte eine Serie von Suiziden Foxconn. Innerhalb von nur drei Monaten sprachen neun Arbeiter aus Gebäuden des Herstellers in den Tod. Die Reaktion von Foxconn: Zum Teil wurden Netze um Gebäude gespannt, um weitere Todessprünge zu verhindern.

Am liebsten junge Arbeiter, die schnell durch neue ersetzt werden. Rund 2000 Foxconn-Beschäftigte lieferten sich im vergangenen Herbst eine Massenschlägerei, Polizei musste anrücken. Die Prügelorgie hatte angeblich nichts mit den Arbeitsbedingungen zu tun – aber sie wirft ein Licht auf den Druck, unter dem die Arbeiter stehen, und auf die Bevölkerungsgruppe, unter der Foxconn gerne Mitarbeiter rekrutiert: Alleinstehende zwischen 18 und 26, denen wenig Hoffnung auf eine lebenslange Anstellung oder gar Karriere gemacht wird. Sie werden wenige Jahre beschäftigte, dann durch neue Arbeiter ersetzt.

14-Jährige in der Fabrik. Vor allem vor der Markteinführung eines neuen Modells ist der Druck auf die Belegschaft groß. Selbst Schüler mussten zur Montage anrücken – auf Anweisung eines örtlichen Behördenvertreters, der sich mit dem Hersteller gut stellen wollte. Die Schüler seien zu einem „Praktikum“ angehalten worden, hieß es.

Unmut unter den Beschäftigten auch in Deutschland. Von Zuständen wie in China sind die deutschen Apple-Niederlassungen weit entfernt – jedoch beklagen sich auch bei uns Arbeitnehmer über eine miese Behandlung. Je nach Standort bekommen die Beschäftigten in den Läden sieben bis 15 Euro heißt es. Vergleichsweise gut dürfte der Münchner Laden dastehen. Allerdings berichtet Victoria Sklomeit von der Gewerkschaft Verdi: „Ich habe in München Arbeitsverträge mit elf Euro Stundenlohn gesehen.“ Angesichts der Tatsache, dass Apple von seinen Mitarbeitern perfekte Englisch-Kenntnisse erwarte, sei dies nicht angemessen, findet sie.

Lange Tage, Höllenlärm. Überstunden seien bei Apple an der Tagesordnung, heißt es. Ein Beschäftigter berichtet, er habe zum Teil von 7 bis 22 Uhr gearbeitet. „Der Betriebsrat bemüht sich, dazu eine Lösung zu finden“, berichtet Victoria Sklomeit. Der Lärm ist besonders an verkaufsstarken Tagen kaum auszuhalten, berichten Beschäftigte. Eine Lärmmessung außerhalb der Stoßzeiten ergab eine erträgliche Belastung, eine zweite im Weihnachtsgeschäft habe die Geschäftsleitung abgeblasen, so Sklomeit.

Überwachungs-Kameras fast überall. Apple setzt Kameras nicht nur ein, um Ladendiebstahl zu verhindern – sondern offensichtlich auch, um seine Beschäftigten zu kontrollieren. Was machen sie im Pausenraum? Wie oft und wie lange gehen sie aufs Örtchen? Überall, selbst vor den Toiletten, sind Kameras installiert. „Der Betriebsrat arbeitet daran, mit dem Unternehmen dazu eine Betriebsvereinbarung zu treffen“, umschreibt Victoria Sklomeit die Situation. Erste Verhandlungen scheiterten offenbar – jetzt wurde eine Eingungsstelle eingerichtet.

Enger Pausenraum, Umziehen vor den Spinden. Nur fünf Toiletten für 200 Beschäftigte in München, ein vollgestellter, enger Aufenthaltsraum, keine Umkleiden, so dass sich die Beschäftigten vor ihren Spinden umziehen mussten – auch hier, berichtet die Gewerkschaft, mussten die Arbeitnehmervertreter auf Änderungen dringen. Immerhin: „Zurzeit wird der Umbau dieses Bereichs vorangetrieben“, sagt Victoria Sklomeit.

Aus Firmenkreisen hieß es, dass die Vorwürfe unwahr seien und alle Arbeitsbedingungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würden.

 

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