Schlichten, aber wie?
Was das Volk denkt, ist nicht so sicher, wie es scheint: AZ-Politikchef Frank Müller über den Start von Geißlers Mediation in Stuttgart.
Einen Tarifkonflikt zu schlichten ist vergleichsweise leicht: Die einen fordern 3,8 Prozent und 100 Euro Einmalzahlung. Die anderen wollen nur 2,0 Prozent zahlen und sonst gar nichts. Der gewiefte Schlichter hört beide Seiten, gibt ihnen ausreichend Gelegenheit zum Kraftprotz-Auftritt und fällt schließlich einen salomonischen Spruch, den man schon vorher erahnen konnte: 2,9 Prozent und einmalig 50 Euro.
So läuft das im Schlichtungsbusiness, das Heiner Geißler aus früheren Einsätzen gut beherrscht. Wie aber schlichtet man den Streit um ein Bahnhofsprojekt? Nur jedes zweite Gleis bauen? Nur ein bisschen tieferlegen? Es liegt auf der Hand, dass das Quatsch ist. Wie schließlich soll der Kompromiss bei einem seit Jahrzehnten diskutierten und fix und fertig geplanten Projekt aussehen, das bereits im Bau ist?
Deswegen gibt es nur eine Lösung in dieser verfahrenen Situation: Das Volk muss entscheiden. Auch wenn das rechtlich schwierig und politisch fragwürdig ist. Und im Zweifelsfall viel Geld kostet, weil ein begonnenes Projekt gestoppt werden müsste. Ob es dazu überhaupt käme, ist nicht so sicher: Zwar sind die Bahnhofsgegner von Stuttgart die lauteren. Aber deswegen noch nicht die Mehrheit.
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