Schaeffler in Not: Frau Milliardärin braucht Staatsknete
MÜNCHEN - Sollen die Bürger mit ihrem Geld eine Managerin retten, die sich übernommen hat? Maria-Elisabeth Schaeffler will Staatshilfen für ihren Großkonzern. Die Übernahme des Reifen-Herstellers Continental war aus heutiger Sicht größenwahnsinnig.
Von Krise scheint Maria-Elisabeth Schaeffler nichts zu spüren. Bei der „Audi Night“ am vergangenen Wochenende – dem Promi-Auftrieb auf der Streif in Kitzbühel – lacht die 67-Jährige häufig. Stolz lüftet sie den teuren Pelzmantel. Es gibt Champagner und Kartoffelsuppe mit Trüffel-Spänchen. Das Vermögen ihrer Familie wird auf 6,58 Milliarden Euro geschätzt.
Doch die Sorglosigkeit der Firmen-Chefin ist Fassade. Elf Milliarden Euro Schulden hat das Familienunternehmen aus Herzogenaurach. Schlimmer noch: Weil Schaeffler im vergangenen Jahr den verschuldeten Reifen-Hersteller Continental gekauft hat, belaufen sich die Gesamtschulden des Auto-Zulieferers auf über 22 Milliarden. Jetzt will Schaeffler ihr Imperium mit einer Staatsbürgschaft retten. Das sorgt für Empörung. Der Vorwurf: Warum sollen die Bürger größenwahnsinnige Manager retten?
Die Katastrophe Schaeffler-Conti nimmt im vergangenen Sommer ihren Lauf. Bejubelt von der Auto-Branche steigt Schaeffler bei Conti ein. Die Unternehmen ergänzen sich: Die Franken sind mit ihren Wälzlagern auf Mechanik spezialisiert. Die Hannoveraner bieten gute Reifen und Auto-Elektronik. Es gibt auch Bedenken: Schaeffler hat mit 66000 Mitarbeitern gerade mal ein Drittel so viele Beschäftigte wie Conti mit 152000. Zehn Milliarden Euro Kredit nimmt Schaeffler auf. Aus heutiger Sicht war ihr Deal größenwahnsinnig.
Conti hat heute noch ein Fünftel des Wertes von vor einem halben Jahr
Die Finanzkrise änderte alles: An den Börsen stürzen die Kurse von Autobauern ab, die Zulieferer werden mit in die Tiefe gerissen. Schaeffler hatte Conti-Aktionären die Aktien zum Stückpreis von 75 Euro abgekauft. Gestern war das Papier 13,60 Euro wert. Schaeffler würde Conti heute für ein Fünftel des Preises bekommen.
„Aus heutiger Sicht würde man diesen Deal sicher nicht mehr machen“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor von der FH Gelsenkirchen mit Schwerpunkt Automobilwirtschaft, zur AZ. „Die Märkte brechen zusammen, da darf man keine Abenteuer machen. Wer eine hohe Schuldenlast hat, hat ganz schlechte Karten.“
Erschwerend kommt hinzu, dass die Manager von Schaeffler und Conti zerstritten sind: Die Franken werfen den Hannoveranern Sabotage vor, die Niedersachsen verdächtigen die Bayern, sich auf ihre Kosten gesundzusparen. Den Machtkampf gewann Maria-Elisabeth Schaeffler. Ob sie noch das Sagen hat, ist zweifelhaft: Die Commerzbank hat ihrem Großkonzern schon rund fünf Milliarden geliehen. Das macht abhängig. Gut möglich, dass Banker bald den Verkauf einiger Sparten befehlen.
Die Länder Bayern und Niedersachsen wollen helfen
Die Schulden, die sich die Managerin aufgehalst hat, wird sie allein nicht tilgen können. Deshalb hat sie sich an den Staat gewandt: Bayern und Niedersachsen wollen angeblich mit einer halben Milliarde Euro bürgen. Zu groß ist die Angst, dass die Firmen pleitegehen und 218000 Menschen arbeitslos werden. Am Donnerstag wollen die Minsterpräsidenten Horst Seehofer und Christian Wulff über mögliche Hilfen beraten.
Der Widerstand ist groß: „Wenn zwei Unternehmen, denen es nicht unbedingt sehr gut geht, miteinander fusionieren, müssen sie selbst über die Folgen nachdenken und für die Folgen geradestehen“, sagte Ulf Posé, Präsident des Ethikverbands. Auch Bayerns Grüne warnen. „Es kann nicht sein, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler künftig jede unternehmerische Fehlentscheidung auslöffeln“, sagte der haushaltspolitische Sprecher Thomas Mütze.
Bleibt die Frage: Wie kann die Milliardärin Schaeffler in diesen Zeiten so unbeschwert auf der Schampus-Party in Kitzbühel feiern? Vielleicht aus diesem Grund: Ihr Privatvermögen bleibt von den Turbulenzen weitgehend unberührt. 300 Millionen Euro haben die Schaefflers laut Handelsregister in ihre Firmen gesteckt. Gehen die Unternehmen pleite, bleiben ihnen mehr als sechs Milliarden.
Volker ter Haseborg